Evangelisation, die nach Jesus schmeckt: Dr. Johannes Hartl im Interview

Evangelisation, die nach Jesus schmeckt: Dr. Johannes Hartl im Interview

Simon Diercks führte ein Gespräch mit Dr. Johannes Hartl zur Neuevangelisierung Europas und seinem Traum, was das „Mission Manifest“ bewirken kann.

Wann und wie hat Gott Ihr Herz das erste Mal mit dem Thema Mission berührt?

Nach meiner ersten Gotteserfahrung, meinem Bekehrungserlebnis, war ich so voll mit dieser Gottesfreude, dass ich gar nicht anders konnte, als meinen Klassenkameraden und Freunden auch davon zu erzählen. Und tatsächlich sind dann etliche auch mitgegangen und haben angefangen sich für den Glauben zu interessieren.

Auf der MEHR 2018 haben Sie das „Mission Manifest“ vorgestellt. Warum jetzt und warum in dieser Form?

Mission ist heute im allgemeinen gesellschaftlichen Diskurs negativ besetzt. Das klingt nach Indoktrination und Kolonialisierung. So liegt heute in Volkskirchen viel zu wenig Fokus darauf, Menschen das Evangelium zu verkünden, die eben noch nicht kommen. Mission Manifest will Mission als neue Zielvorgabe zeigen und einen Ruck geben, der primär durch die katholische Kirche geht, um Mission wieder zur Priorität Nummer eins zu machen.

Eine These wertschätzt und dankt den evangelischen Kirchen und Freikirchen für ihren missionarischen Einsatz. Was war Ihre erste Begegnung mit einer Freikirche und was hat Sie als Katholiken dort irritiert, was fasziniert?

Es war eine junge charismatische Freikirche. Nachdem ich Barockkloster mit Weihrauch gewohnt war, hat mich vieles am Äußeren irritiert. Der Gottesdienst war irgendwie laut und wild. Aber ich merkte, die Erfahrung, die ich mit Gott gemacht habe, ist dieselbe. Unabhängig von Konfessionen sind zwei Dinge überall gleich: die gleichen Menschen – durchschnittliche Sünder. Und man kann überall Jesus begegnen. Deswegen werbe ich für eine Ökumene der Herzen. Also ein wertschätzendes Miteinander, das nicht erst da beginnt, wo man übereinstimmt.

Bei aller Weite der Thesen des Mission Manifest schließt der Bezug auf den katholischen Katechismus es ehrlichweise aus, dass ein evangelischer Christ das Manifest unterzeichnet. Bin ich als Freikirchler gemeint?

In Freikirchen ist dieses Thema bedeutend bekannter und besser entwickelt als in der katholischen Kirche. Die Initiatoren des Manifests sind Katholiken. Wir haben aber mittlerweile so viel Resonanz aus evangelischen und Freikirchen bekommen, dass wir sagen: „Wunderbar, got for it! Jeder darf unterschreiben.“ Aber primär ist es der Versuch, diesen schlafenden Riesen katholische Kirche mit all seinem Potential aufzuwecken für das wichtige Ziel der Evangelisation und Mission.

Sie dürfen träumen: Was kann Mission Manifest innerhalb der nächsten zehn Jahre bewirken?

Für mich ist Mission Manifest ein Element einer großen Strategie, in Europa eine Bewegung zurück zum Evangelium loszutreten. Dafür brauchen wir alle Spieler auf dem Spielfeld. Und Mission Manifest ist in erster Linie der Versuch, ein paar mehr katholische Mitspieler aufs Spielfeld zu kriegen. Ich behaupte, dass da Wachstum kaum zu vermeiden ist, wo Menschen im geistlichen Leben und Gebet ernst machen, das Evangelium in Klarheit zu ergründen in einer Kultur von Kreativität, Wertschätzung, Offenheit, Herzlichkeit und gesundem Miteinander.

Ich möchte ein Lernender bleiben: Welchen Rat geben Sie uns Freikirchen für die Mission mit?

Mich treiben vier Adjektive um: spirituell oder mystisch, kreativ oder künstlerisch, empathisch und gut drauf. Dass man merkt: das sind geistliche, betende Menschen. Menschen, die Kreativität und was Schönes ausstrahlen. Die Empathie ausstrahlen. Wo ich mich sicher fühle, wenn mein Leben gerade kaputt ist. Und wo man erlebt: die haben Spaß am Leben, die sind gut drauf. Wenn Evangelisation so ist, dann ist sie für post-säkulare Menschen unserer Zeit nicht nur unwiderstehlich, sondern schmeckt auch nach Jesus.

Das Interview führte Simon Diercks, Leiter Communication & Media

Dr. Johannes Hartl ist Gründer des Gebetshauses Augsburg, Initiator der MEHR-Konferenz und Autor zahlreicher Bücher.

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