Nach Hause kommen?

Nach Hause kommen?

Mit neuem Auftrag aus Brasilien nach Deutschland

26 Jahre verbrachten Sonja und Andre Pascher als Missionare in Brasilien. 20 Jahre Gründung und Leitung des ehemaligen Straßenkinderprojektes LEVANTE und Gemeindegründung. Wieso kommt man dann nach Deutschland zurück?

Die Übergabe

Eigentlich sahen wir in Brasilien unseren Platz fürs Leben. Das Zusammenleben mit den Kindern im Projekt LEVANTE und die kreative Gemeindearbeit waren unsere Berufung von Gott und erfüllten uns. Aber uns war immer klar: Als Missionare haben wir das Ziel, die Arbeit möglichst bald in brasilianische Hände zu legen.

2014 – später als gedacht – war es dann soweit: Wir teilten unserem Team mit, dass wir vor dem nächsten Heimataufenthalt die Projektleitung abgeben und in der verbleibenden Zeit Gespräche über die zukünftige Aufgabenverteilung geführt würden. Mit der Missionsleitung wurde das eingefädelt: kein einfacher Prozess – strukturell wie emotional.

Und nun?

Genauso aufwühlend war die Frage: Wie geht es bei uns selbst weiter? Kann man als langjähriger Leiter noch in der Nähe bleiben, ohne das neue Team zu verunsichern? Und wenn nicht: Sollten wir dann noch einmal in einer anderen Ecke des Landes oder zumindest einem anderen Arbeitsbereich neu beginnen? Gute Kontakte zur brasilianischen Studentenmission zeigten eine interessante Alternative auf. Aber Gott hatte andere Pläne.

Bereits während der letzten Heimataufenthalte war uns immer mehr die Situation der Migranten und Geflüchteten in Deutschland aufgefallen. Wenn Gott so viele Menschen aus Ländern, in denen Missionaren der Zutritt verwehrt war, nach Deutschland schickte – müsste sich christliche Gemeinden da nicht engagieren?

Bei einem Familienbesuch im Herbst 2014 intensivierte sich dieses Empfinden: „Sharia-Polizei“ in Wuppertal, Foltervorwürfe im Flüchtlingslager Haiger-Burbach, Hooligan-Demo in Köln. Wir merkten, wie brennend das Thema war und beschäftigten uns – im ständigen Dialog mit unserer Leitung – immer mehr mit der Frage einer Flüchtlingsarbeit. Unsere alt gewordenen Eltern, unsere schwerstbehinderte Tochter Andressa und die therapeutischen Möglichkeiten in Deutschland für sie: manches sprach dafür, nach der Übergabe von LEVANTE nach Deutschland zurückzukehren.

Die Allianz-Mission bot uns an, in Deutschland in der Arbeit mit Migranten mitzuwirken, und wir verständigten uns – um der Bodenhaftung willen – zusätzlich auf eine halbe Stelle in einer deutschen Gemeinde. Zumal wir damals ja auch wenig Erfahrung mit der Arbeit mit geflüchteten Menschen hatten.

Gelungene Integration

Oktober 2015 feierten wir mit einem tollen Fest das 20-jährige Bestehen und unseren Abschied von LEVANTE und reisten im Dezember endgültig nach Deutschland aus. In eine bereits vorbereitete Situation: Trotz der Wohnungsnot war es mit der Hilfe guter Freunde gelungen, eine behindertengerechte Wohnung in meinem Heimatort Wuppertal-Vohwinkel zu finden, die unsere Heimatgemeinde mit viel Liebe renoviert und möbliert hatte. Kaum zu beschreiben, wie ermutigend diese Willkommenskultur auf uns Migranten wirkte! Geliebt und erwartet zu sein: das nahm uns alle Wiedereingliederungs-Sorgen. Wir erlebten, wie es in einem altem Spiritual heißt: „My home is, where my heart is, and my heart is with the Lord.“ (Mein Herz ist, wo mein Herz ist, und mein Herz ist beim Herrn.)

So gelang die Umstellung leichter, als wir selbst uns das erträumt hatten. Dazu trug auch bei, dass die Vohwinkeler Freie evangelische Gemeinde uns gleich voll mit hineinnahm in die Arbeit mit geflüchteten Menschen: Sprachkurs, Begleitung Einzelner, schließlich ein Taufkurs mit Übersetzer für Persisch sprechende Menschen. Wir sind Gott und der Gemeinde sehr dankbar für das entgegengebrachte Vertrauen und konnten so schnell viel Neues lernen.

Ein verrückter Vorschlag

Aber wo würden wir nun letztlich landen? Erste Planungen zerschlugen sich, und plötzlich stand ein Vorschlag im Raum: Gemeindearbeit in Duisburg-Rheinhausen. In einer klein gewordenen, gealterten Gemeinde, die noch nie mit Geflüchteten gearbeitet hatte. Wir, die wir bisher fast nur Kinder und junge Menschen auf dem Schirm hatten. Kann das gut gehen?

Sonja und Andre Pascher sind Missionare in Deutschland

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (August – Oktober 2018) erschienen.