Pierre Weiss fragt sich angesichts der unterdrückten Christen, denen er in seinem GoGlobal Volontariat in Sri Lanka begegnet, wie mutig er in Deutschland seinen Glauben lebt.
Grüne Vielfalt, bunte Busse und glückliche Gesichter. So begegnet mir eine der fruchtbarsten Inseln des indischen Ozeans, wenn nicht sogar der ganzen Welt. Was für ein Privileg, denke ich mir, dass Gott mir die Möglichkeit gibt neben meinem Theologiestudium – in einem Volontariat Mission hautnah erleben zu können. Was für ein Privileg, Christen in den verschiedensten Winkeln der Erde kennen zu lernen und ermutigt, sowie nachdenklich durch ihre Geschichten wieder heimzukommen. Grade in Ländern wie Sri Lanka, die nicht so christlich sozialisiert oder geprägt sind wie Deutschland, ist es immer wieder spannend zu sehen, was Menschen für ihren Glauben auf sich nehmen müssen und trotzdem mutig sind.
Was ist Verfolgung?
Wenn wir von Christenverfolgung hören, kommen uns oft Länder wie Pakistan, Iran oder Afghanistan in den Sinn – aber Sri Lanka? Wenn wir von Christenverfolgung reden, sprechen wir oft von Hass und Aggressivität. Doch was wir, was ich, ganz oft aus dem Blick verliere ist, dass Verfolgung auch auf ganz subtile Art und Weise geschieht: Eine Stichelei hier, ein Kommentar dort. Verfolgung heißt, dass ein Mensch wegen seines christlichen Glaubens auf Schwierigkeiten stößt. Wenn eine Gemeinde von seinen buddhistischen Nachbarn wegen Ruhestörung angezeigt wird, während mindestens genauso laut buddhistische Gesänge aus Lautsprechern auf der Straße erklingen, ist das Verfolgung. Wenn sich Nachbarn zusammentun und eine christliche Familie zum Feindbild erklären und ihr lang erspartes TukTuk (Motorrad-Taxi) anzünden, ist das Verfolgung. Wenn die Leiterin einer areligiösen NGO nicht in christlichen Kontexten im Internet auftauchen darf, weil das Projekt sonst Probleme bekommen könnte, ist das Verfolgung. Und trotzdem sind diese Menschen mutig.
Trotzdem versammeln sie sich sonntags und feiern Gottesdienst. Trotzdem bleiben sie in ihrer Nachbarschaft wohnen und proklamieren ihren Glauben. Trotzdem stehen sie zu Jesus und sprechen offen über ihn.
Und ich? Bin ich wirklich mutig, wenn ich aufgrund meines Glaubens mal wieder belächelt werde? Stehe ich wirklich zu Jesus, wenn sich andere darüber lustig machen, dass ich sonntags statt auszuschlafen im Gottesdienst sitze?
Ja, auch in Deutschland gibt es so was wie Christenverfolgung, wenn auch nicht so krass wie in weiten Teilen der Welt und ich frage mich: Nehmen wir die Situationen der Verfolgung eigentlich als solche war oder tun wir diese als Kleinigkeiten ab? Sind wir trotzdem mutig, bevor der Hahn kräht?
Pierre Weiss ist Student an der Theologischen Hochschule Ewersbach und war für ein GoGlobal Volontariat in Kandy, Sri Lanka
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (August – Oktober 2019) erschienen.