Im Lifepoint Café in Almería liebt der kleine Yunus nicht nur sein “Colacaoito”, sondern wird zum echten Jesus-Fan. Karmen und Alfonso Álvarez berichten, wie es dazu kam.
Yunus* ist sechs Jahre alt und kommt aus Marokko. Vor etwa einem Jahr ist er mit seiner Mutter und seinen zwei Brüdern über das Meer nach Almería gekommen. Jetzt haben sie mehrere Tausend Euro Schulden für die illegale Überfahrt, die der älteste Bruder abbezahlen muss, sobald er arbeitet. Er lebt mit seiner Familie in einer Ein-Zimmer- Wohnung. Seine Mutter spricht noch nicht viel Spanisch und hat keinen Job.
Yunus liebt Essen und am meisten liebt er Süßigkeiten. Wenn er in unser Café kommt, fragt er erstmal: “Me haces un Colacaoito?” (deutsch: “Machst du mir ein kleines Kakaochen?”) Und es ist wirklich schwer, ihm diesen Wunsch abzuschlagen, denn obwohl er nicht gerade schlank ist, kann er einen sehr hungrigen Blick aufsetzen.
Und Yunus liebt Tischfußball und wilde Spiele. Er kommt zu unserem Kinderprogramm mittwochs und freitags, wenn er kann auch noch am Samstag und zum Kindergottesdienst am Sonntag. Dort geht er gern hin, aber noch lieber stürzt er sich danach auf den Kickertisch.
Bei der Hausaufgabenhilfe bringt er mir mal wieder sein Lieblingsbuch aus unserer Bibliothek – “Die Kinderbibel für Anfänger” – und lässt mich drei Geschichten hintereinander vorlesen. Noch bevor ich die letzte Geschichte beendet habe, hält er seine Hand über die Schrift und fragt: “Aber wo ist Jesus jetzt? Wo ist er?” Er guckt in die Luft und zuckt mit den Schultern.
“Das hast du mich doch schon zwei Mal gefragt”, denke ich und versuche ihm noch mal zu erklären, dass wir Jesus zwar nicht sehen können, aber er immer bei uns ist und uns zuhört, wenn wir mit ihm sprechen. Aber ich merke, er wird sich auch heute nicht mit meiner Antwort zufrieden geben, denn Yunus liebt nicht nur Sü.igkeiten. Er ist in den letzten Monaten auch ein richtiger Jesus-Fan geworden und möchte ihn unbedingt mal persönlich treffen.
Ich weiß nicht, wie lange Yunus bei uns bleiben wird, denn er bestimmt sein Leben noch nicht selbst. Die Familie, die großen Brüder, die muslimischen Nachbarn, die Jugendlichen aus dem Viertel: Alle haben etwas zu sagen in seinem Leben, erziehen, sind gute oder schlechte Vorbilder und entscheiden vieles für den kleinen Yunus. Aber eines weiß ich: Gott hat dafür gesorgt, dass der Name Jesus ein Begriff für ihn ist, dass Yunus weiß, wie man betet, und dass er zu Jesus kommen wird, wenn er Hilfe braucht.
In unserer Arbeit mit Kindern sind wir auf Gott angewiesen. Er sorgt dafür, dass Kinder zu uns ins Lifepoint Café kommen, obwohl sie aus Familien kommen, die mit Gott noch nicht viel am Hut haben oder ihn sogar ablehnen. Wir spielen, leben und erleben tolle Sachen mit den Kindern, aber gleichzeitig zittern wir um sie. Die Gegenseite zieht und zerrt an ihnen und wir wissen nicht, wie lange wir Einfluss in ihrem Leben haben. Wir müssen auf Gott vertrauen, dass er sie uns mit einem Plan gegeben hat und Gutes aus ihrem Leben machen wird, auch wenn die Umstände schwierig sind.
*Name geändert
Karmen und Alfonso Álvarez sind Missionare in Almería, Spanien
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Februar-April 2020) erschienen.