Heimgesandt statt zurückgeschickt

Heimgesandt statt zurückgeschickt

Am 16.03. entschied die Bundesregierung, dass alle deutschen Freiwilligen ihren Dienst im Ausland aufgrund der weltweiten Corona-Krise abbrechen und nach Deutschland zurückkehren müssen.

Es ist Mittwochabend in Südostasien. Ich sitze im Büro und höre die Sprachnachricht meiner AM-Betreuerin an. Wohlwissend, dass durch den Coronavirus rund um die Welt immer drastischere Maßnahmen ergriffen werden, habe ich Angst. Angst vor dem, was der Inhalt dieser Nachricht sein könnte. Und leider ist meine Sorge begründet: Sie sagt, alle Freiwilligen müssten nach Deutschland zurückkommen. Unser Flug gehe am Montag. Meine Welt bricht zusammen. Von jetzt auf gleich bleiben mir anstatt fünf weiteren Monaten in Südostasien nur noch fünf Tage.

Wut. Trauer. Enttäuschung. Selbstmitleid. Meine Begleiter in dieser Zeit. Und schließlich meine Frage: „Wie kann das sein, Gott? Wieso schickst du mich ans andere Ende der Welt, um mich nach der Hälfte der Zeit dort aus allem zu reißen, was mir ans Herz gewachsen ist?“

Ich denke weiter über diese Frage nach. Und über meine Situation. Es wird sich alles verändern. Meine Heimat, meine Kultur, mein ganzes Umfeld wird eine 180-Grad-Wendung nehmen, die ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwartet hätte. Das ist hart. Aber ändert sich Gott? Nein. Ändert sich meine Identität als sein Kind? Nein. Ändert sich die Tatsache, dass er Frieden für mich im Sinn hat? Dass er mir eine Zukunft und Hoffnung geben will (vgl. Jeremia 29,11)? Nein.

Der Gott, der jetzt bei mir ist, ist der gleiche Gott wie der, der mich zu Beginn nach Südostasien ausgesandt hat. Er ist der Gott, der meine Zeit in Südostasien unendlich gesegnet hat. Und derjenige, der mir ganz klar das Gefühl gegeben hat, am anderen Ende der Welt, trotz unzähliger Sorgen, Ängste und Herausforderungen, am richtigen Platz zu sein.

Deswegen möchte ich auch jetzt darauf vertrauen, dass er Gutes für mich im Sinn hat. Natürlich ist es unendlich hart, zurückzukommen. Es tut weh, alles Liebgewonnene zurückzulassen, ohne Zeit zu haben, sich zu verabschieden. Aber ich glaube nach wie vor an einen guten Gott, der Menschen nutzt und sendet. Und deshalb möchte ich auch meine Rückkehr nach Deutschland so sehen: als Aussendung. Ich wäre gerne ein Licht in Südostasien gewesen, aber vielleicht soll ich gerade ein Licht in Deutschland sein – ein Licht in Zeiten der Quarantäne, der Ungewissheit und der Angst.

Diese Gewissheit wünsche ich mir und jedem anderen betroffenen Shorty jeden Tag aufs Neue: Meine Sinnhaftigkeit auf dieser Weltist nicht mit meiner Rückkehr nach Deutschland beendet. Ich darf mich, auch wenn es hart und schmerzhaft ist, so plötzlich zurückzukommen, weiterhin als ausgesandt sehen. Denn aus der Veränderung meiner Lebenssituation folgt keine Veränderung meines Gottes.

Sophia war im GoGlobal Auslandsjahr in Südostasien. Sie unterstützt uns seitdem neben ihrem Theologie-Studium im Bereich Communication & Media