Husseins Entscheidung für den Glauben an Jesus kostete ihn die Heimat, Familie, Haus und Job. Hier in Deutschland hat er eine neue Heimat gefunden – gerade in der Gemeinde.
Lieber Hussein*, nach eurer Flucht aus dem Iran lebt ihr seit 16 Monaten im hessischen Haiger und habt dort euren Asylantrag gestellt. Ihr bringt euch tatkräftig in die Arbeit des Kairos-Projekts, auf Freizeiten und Konferenzen ein und dein Glaubenszeugnis bei eurer Taufe in Haiger berührte viele. Wie kam es dazu?
Der Grund ist unsere Konversion vom Islam zum Christentum. Im Iran darf niemand seine Religion ändern und Christ werden. In einem solchen Fall wird er festgenommen, eingesperrt, belästigt und kann sogar getötet werden. Im Iran war unser Leben wegen der Konversion zum Christentum in Gefahr.
Warum habt ihr Verwandte, Haus und Arbeit im Iran zurückgelassen?
Niemand will aus seiner Heimat fliehen, aber wir mussten. Ich war seit 2007 Professor an einer Universität im Iran. Bis zu meiner Ausreise habe ich als Dozent gearbeitet und nebenbei noch eine Berater-Tätigkeit gehabt. Durch die Beratungen unserer Ingenieurs-Firma konnten wir bei vielen Projekten helfen. Vor meiner Flucht hatte ich Verträge mit der iranischen Regierung und war involviert in fünf Geologie-Projekte. Meine Frau hatte auch eine gute Arbeit im Landwirtschaftsministerium.
Heute sind wir zufrieden mit unserem Leben, obwohl wir alles verloren haben. Zum ersten Mal können wir hier in Deutschland frei zur Kirche gehen und können mit anderen zusammen beten. Wir lesen in der Bibel und können frei darüber reden. Es ist für mich ein sehr schönes Gefühl, dass ich in Freiheit über meine Gefühle reden und mich mit anderen Gläubigen austauschen kann.
Wie ist Jesus dir begegnet?
Christus hat uns gefunden und war immer bei uns. 2014 waren meine Frau und ich in Georgien. Dort haben wir von Missionarinnen eine Bibel erhalten. Es ist verboten, sie in den Iran mitzunehmen. Wir dachten zunächst: Es ist ein normales Buch. Meine Frau hat gleich angefangen, sie zu lesen, und danach habe auch ich damit angefangen. Ich habe bemerkt, dass viele meiner Fragen in der Bibel beantwortet wurden. Und ich merkte, dass ich beim Lesen der Bibel ein gutes Gefühl bekam. So etwas hatte ich vorher nie bei anderen Büchern bekommen.
Danach reisten wir öfter nach Georgien, um zur Kirche gehen zu können. Ich hatte einen engen Freund und Kollegen, dem ich voll vertraute und alles erzählte. Er hat mich verraten und bei den Behörden denunziert. So mussten wir fliehen. Zuerst haben wir uns zwei Monate in einem Bergdorf versteckt und dann den Iran illegal verlassen.
Als Christen sind wir Gottes „auserwähltes Volk“. Vielleicht werden wir abgelehnt, aber „Gott selbst ist für uns, wer will sich dann gegen uns stellen? Wer kann die Menschen anklagen, die Gott erwählt hat? Gott selbst spricht sie frei“ (Römer 8,31.33). Jesus sagte: „Wird dann nicht Gott erst recht seinen Erwählten zu ihrem Recht verhelfen, wenn sie Tag und Nacht zu ihm schreien?“ (Lukas 18,7)
Wie klappt es mit eurer Integration in Deutschland – sprachlich, beruflich und geistlich?
Jetzt bin ich im B1-Deutsch-Sprachkurs und meine Frau macht gerade B2. Ich fühle mich gut. Ich kann deutlich sehen, wie die Glaubensgeschwister uns helfen, ohne etwas dafür zu bekommen. Es fällt mir nun leichter, meine Gefühle zu äußern und in der Kirche offen zu zeigen. Wir haben hier schon gute Freunde gefunden und wir genießen es, mit ihnen zusammen zu sein. Ich habe das gute Gefühl, dass ich kein Sklave Gottes bin, sondern ein Kind Gottes. Deshalb versuche ich – mehr als früher – gute Dinge zu tun. Deutschland ist jetzt unsere Heimat. Wir hoffen in Zukunft auch nützliche Personen für Deutschland zu sein.
Wenn wir über unser Leben nachdenken, ist das manchmal belastend. Unsere gegenwärtigen Sorgen und Angst vor der Zukunft können uns bedrücken. Aber der Herr Jesus Christus hat ein wunderbares Versprechen gegeben: „Kommt alle her zu mir, die ihr müde seid und schwere Lasten tragt, ich will euch Ruhe schenken.“ (Matthäus 11,28)
*Name geändert
Das Interview führte Simon Diercks, Leiter Communication & Media
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (August – November 2020) erschienen.