Reichlich Theater mit jugendlichen Migranten

Reichlich Theater mit jugendlichen Migranten

André Pascher ist begeistert davon, die Lebens und Fluchtgeschichten von jugendlichen Migranten in Rheinhausen in Theaterstücken mit christlichen Werten und Glauben zu verbinden. Der Spielplan im Rückblick.

Wenn wir unsere Arbeit mit Menschen aus diversen Kulturen unter Oberbegriffe stellen sollten, dann könnte einer davon lauten: „Theater“ – und das im besten Sinne. Schon zu Weihnachten 2018 hatten die Kids unseres „Treffpunkt AMIGO“ ein Theaterstück eingeübt, in dem es um eine wahre Geschichte ging, die als „Höhlen-Drama“ durch die Presse geisterte: Ein thailändisches Teenager-Fußballteam war bei einem unvorsichtigen Besuch einer Höhle von reißenden Wassern überrascht worden. Die Jugendlichen saßen über Tage in Finsternis und Angst, bis dann ein Licht erstrahlte und Rettung kam. Dieses zutiefst weihnachtliche Thema konnte auch von unseren muslimischen und jesidischen Kids dargestellt werden, ohne sie in Gewissenskonflikte zu bringen. Die wertvolle Arbeit der jungen Schauspieler wurde mit einem gut besuchten Heiligabend-Gottesdienst honoriert sowie mit einem fröhlichen Ausflug zur Dechenhöhle.

Einer der Teens aus dem Irak stellte uns mit seinem Wunsch vor eine Herausforderung: Er wünschte sich, durch ein Theaterstück auf den Völkermord an seiner Volks- und Religionsgemeinschaft – den Jesiden – durch die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hinzuweisen und die Geschichte der Flucht seiner Familie zu erzählen. Aber: Sollten etwa Kinder Gewaltszenen darstellen? War das nicht unglaubwürdig und viel zu brutal?

Wir einigten uns dann auf ein Theaterstück, das die Integration der Kids in Deutschland zum Thema hatte, mit eingeschobenen Filmszenen im Silhouetten-Stil über die Flucht. So kam es zu Begegnungen zwischen Deutschen und Migranten aus anderen Kulturen, zwischen muslimischen und christlichen Mitschülern. Es ging um Mülltrennung und Nationalismus, um Selbstverteidigung und Schillers „Bürgschaft“ (vorgestellt durch eine Lehrerin mit Kopftuch). Letztendlich aber ging es um Werte wie Feindesliebe, Vergebung und Freundschaft. Der Name des Stücks: „Êzîdî – dem IS entronnen, neu begonnen“.

Für uns bedeutete das viele Recherchen und Gespräche mit Jugendlichen und Eltern; für unsere jungen Schauspieler war es echte Knochenarbeit, die vielen Dialoge auf Deutsch zu verinnerlichen und glaubwürdig zu spielen. Dabei machten sie manche sprachliche Entdeckung. Wir zitterten bis zur letzten Minute, ob die aufwändigen Aufführungen in einer Schul-Aula gelingen würden – und waren dann überrascht, wie fokussiert die Darsteller waren. Bei der Premiere war der Raum mit über 300 Schülern und Lehrern aus verschiedenen Schulen rappelvoll, auch die Abendvorstellung war gut besucht; die Presseberichte waren äußerst positiv, und unsere Kids – und wir selbst – glücklich.

All das hat uns sehr zusammengeschweißt: Am „Treffpunkt AMIGO“ unserer Freien evangelischen Gemeinde (FeG) Rheinhausen nahmen vor Corona meist 15–20 Kinder aus vielen Nationen teil – manchmal mit Eltern. Nur Deutsche fehlen uns leider noch. Mittwochs trifft sich regelmäßig – derzeit online – eine kleine Jugendgruppe, um miteinander die Bibel zu lesen. Das alles ist noch sehr zerbrechlich und braucht unser Gebet. Wir gehen so behutsam wie möglich mit den religiösen Unterschieden um. Manchmal ist das ein Eiertanz, aber die Eltern wissen auch, dass wir klar von dem reden, der das Zentrum unseres Glaubens ist: Jesus Christus.

Wie sollte es anders sein: Das Jahr 2019 endete mit Theater – einem Weihnachtsstück: „Die Reisen der Weisen“. Nach Begegnungen mit israelischen Nationalisten und der Ausländerbehörde, mit König Herodes und einer Touristenführerin sehen die Weisen – bei uns vier Männer und Frauen – den Stern wieder. Und der führt sie zu Jesus.

Sonja und André Pascher sind Missionare in Deutschland und André ist Pastor der FeG Rheinhausen

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Aug-Okt 2020) erschienen.