Stahl, Zähne und ein spanischer Deutscher

Stahl, Zähne und ein spanischer Deutscher

Ausgerechnet im Dorf seiner Kindheit wird Missionar Antonio González Caparrós zum Gemeindegründer. Wie Gott einen Schlosser aus dem Ruhrpott
dorthin berufen hat.

Ist er nun Spanier oder Deutscher? Auf diese Frage antwortet Antonio González Caparrós mit einem Schmunzeln: „Je länger ich in Spanien lebe und arbeite, desto
mehr nehme ich wahr, dass ich ein deutscher Missionar in Spanien bin.“ Und das, obwohl hier alles begann – als Antonio im spanischen Dorf Turre bei Almería als drittes von sieben Kindern ins Leben startete. Aus diesen ersten Lebensjahren hat er nur schwammige Erinnerungen an die Großmutter, einige Freunde und die ersten Jungsstreiche.

Mit fünf Jahren ging es für ihn nach Deutschland, wo sein Vater schon Jahre zuvor hingezogen war. Ganz anders, als es heute viele Migranten erleben, war dieser damals vom Bürgermeister persönlich als Gastarbeiter im hessischen Breitscheid begrüßt worden. Von der dortigen Tonfabrik ging es später nach Duisburg-Rheinhausen, wo er bei Krupp arbeitete, bis schließlich seine Frau und Kinder nachgezogen kamen.

Vom spanischen Dorf in den deutschen Ruhrpott: für Antonio kein leichter Wechsel und es dauerte, bis er in der Schule zurechtkam. Weil es sich anbot und ihm Menschen zu kompliziert waren, wurde er Schlosser bei Thyssen-Stahl. Schnell merkte er, dass er das nicht dauerhaft machen wollte, und schloss eine Ausbildung zum Zahntechniker an. Vielleicht wäre ja mit einem Bruder, der Zahnmedizin studierte, und zwei Schwestern, die als Zahnarztgehilfinnen arbeiteten, ein gemeinsamer Familienbetrieb in Spanien möglich.

Nach Spanien ging es tatsächlich Jahre später – aber so ganz anders als gedacht. In der Berufsschule lernte er Christen kennen, die er als authentisch und aufrichtig erlebte. „Ich musste erst 18 Jahre in Deutschland leben, bis ich Christen kennengelernt habe, die mir von ihrem Glauben erzählen“, wundert sich Antonio und erinnert sich an die gemeindeübergreifende Teestube, zu der er eingeladen worden war. Dort sprach ihn der einzige ältere Mensch an und fragte, ob er an Gott glaube. Aus dem Gespräch wurde eine Lebensentscheidung und Antonio fand mitsamt seiner Familie in einer spanischen evangelischen Gemeinde ein geistliches Zuhause.

Was sind schon drei Jahre? Aufs ganze Leben kann Gott mir die auch geben oder nehmen.

Leidenschaftlich begann er seinen Glauben an Jesus zu leben – mit aller Konsequenz. Im Urlaub in Spanien nahm er schmerzlich die Perspektivlosigkeit der Jugendlichen wahr und fragte sich, wie sie vom Evangelium hören sollten. Aus diesem Urlaub wurde seine Lebensberufung. Auf Ermutigung seines Pastors besuchte er für fünf Jahre das Theologische Seminar der Freien evangelischen Gemeinden. Zunächst erschien ihm das zu viel Zeit, aber er sagte sich: „Was sind schon fünf Jahre? Aufs ganze Leben kann Gott mir die auch geben oder nehmen.“ Als Zeltmacher in Spanien oder Gemeindemitarbeiter unter spanischen Gastarbeitern in Deutschland, das konnte er sich vorstellen – und sah sich dabei doch stets in der zweiten Reihe. So ging es mit 25 Jahren ins hessische Ewersbach: eine
anstrengende, aber gute Zeit.

Obwohl das bis dahin nicht vorgesehen war, konnte Antonio sein Gemeindepraktikum in Malaga verbringen. Hier lernte er nicht nur eine lebendige große Gemeinde kennen, sondern auch Noemi. Nach Abschluss des Theologischen Seminars ging es mit der Allianz-Mission für Kultur- und Gemeindepraktikum wiederum nach Spanien – dieses Mal nach Palencia nahe Madrid. Dort heirateten Noemi und Antonio und blieben dann auch gleich im Land.

Ihre Aufgabe: eine neue Gemeinde gründen in Almería. Doch auch hier kam es anders und neben der Mitarbeit in der Deutschen Evangeliumsgemeinde
in Roquetas de Mar entstanden Gemeindearbeiten in Vicar und Turre. Herausfordernde Jahre, in denen Antonio sonntags oftmals hunderte Kilometer im Auto verbrachte, um in den verschiedenen Gemeinden präsent zu sein. Ihre mittlerweile geborenen Söhne Jetro und Ruben waren stets mit dabei.

Besonders die Gemeindegründung in Vicar erlebt Antonio als von Gott geleitet und er staunt, wie aus der Randgruppenarbeit unter drogenabhängigen Männern ein Verein entsteht, der bis zu 50 Männern in vier Häusern Hoffnung und Halt bietet. Ein Höhepunkt wird in all den Jahren in Spanien für Antonio ein Gottesdienst bleiben, in dem sich elf dieser Männer taufen ließen.

Die Gemeinde in Vicar ist mittlerweile selbstständig und Teil des spanischen Bundes Freier evangelischer Gemeinden geworden, die Gemeinde Turre ist auf einem guten Weg. Nach segensreichen Jahren geht es 2014 dann doch nach Almería. Kein leichter Wechsel für die Familie. Aber, so ist Antonio überzeugt: „Spanien
braucht Christus, damit Menschenleben und Visionen geändert werden.“

„Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch das alles zufallen.“

Matthäus 6,33

Diese Worte von Jesus haben ihn begleitet: Zu Studienzeiten hatte er keinen Mangel, als Gemeindegründer zwischen drei Gemeinden hat Gott für ihn gesorgt und auch heute gibt ihm Jesu Zusage Kraft. Und so lebt der spanische Deutsche weiter dafür, dass mehr Spanier den Jesus kennenlernen, der ihn auf die Reise geschickt hat.

Paella oder Schnitzel: beides
Berge oder Meer: Berge
Liebste Freizeitbeschäftigung: Essen
Mein Job bei der Allianz-Mission: Gemeindegründer in Almería
Seit wann bei der AM: 1995
Das schätzte ich an der AM: sie ist wirklich für einen da
Ein Lebenstraum von mir: die spanische Gesellschaft verändern
Manchmal kann ich nicht schlafen…, wenn ich vorher auf dem Sofa eingeschlafen bin
Dieser Bibelvers bedeutet mir viel: „An eurer Liebe zueinander wird jeder erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“ (Johannes 13,35)
Jesus und Du: Der Herr, der sich um seinen Jüngling kümmert

Antonio und Noemi González Caparrós sind Missionare in Almería, Spanien

Das Portrait schrieb Simon Diercks, Leiter des Bereichs Communication & Media

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Februar-April 2021) erschienen.