Selbstvertrauen Z

Selbstvertrauen Z

Joke Haiier erlebt als Kind, wie nach ihrer Entscheidung für Jesus der Prediger die Bühne für ihren Bericht räumt. Heute setzt sie sich dafür ein, dass Kinder weltweit Gottes Wort hören. Im Gespräch erzählt sie, was die Generation Z braucht, um sich untereinander von Jesus zu berichten.

Jo, Sie sind Niederländerin und wohnen in der schönen Stadt Soest. Neben vielem anderen sind Sie Regionaldirektorin für die Region Europa bei OneHope. Was macht OneHope, was ist Ihre Rolle und wo ist Ihr Herz darin?

Ich habe immer in Leitungspositionen gearbeitet: für Kirchen, Regierung, Organisationen, Unternehmen, aber seit ein paar Jahren arbeite ich Vollzeit für OneHope. OneHope ist eine internationale Missionsorganisation, die Kindern Gottes Wort bringen will. Unser Slogan lautet „Gottes Wort für jedes Kind“ – überall auf der Welt. Wir entwickeln Produkte und Programme für und mit Partnern vor Ort. Wir arbeiten immer mit den Leitenden, die die Kinder und Jugendlichen erreichen. Bei unseren Produkten und Programmen kann es sich um Bücher, Forschungsarbeiten, Videos, Apps, Schulungen und vieles mehr handeln. Was auch immer gebraucht wird, um Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt zu erreichen, wir investieren in diese Produkte. Sie kennen vielleicht die Handy-App „Bibel App für Kinder“. Wir stellen unsere Produkte immer kostenlos zur Verfügung.

Im Rahmen der Vorbereitung der Europakonferenz der Lausanner Bewegung im November haben Sie einen Artikel mit dem Titel „Jugend verstehen und anleiten“ geschrieben. Hier wähnen Sie: „Ich bin so dankbar, dass meine Eltern mich von klein auf mit der Bibel vertraut gemacht und mich zu Kinderlagern, Konferenzen und Jugendgruppen mitgenommen haben.“ Wann und warum haben Sie sich entschieden, Ihr Leben Christus anzuvertrauen?

Ich wurde von christlichen Eltern großgezogen. Wir haben immer in der Bibel gelesen und beim Abendessen gebetet. Wenn es schwierig wurde, haben wir gebetet. Ich bin so in meinem jungen Leben Jesus nachgefolgt, aber habe auch oft mein eigenes Ding gemacht. Das änderte sich, als ich mich mit 14 Jahren in der Jugendgruppe während einer christlichen Konferenz zu Christus bekehrte. Ein ganz besonderer Moment. Es wurde für uns alle gebetet. Wir erlebten den Heiligen Geist und begannen sofort, anderen Zeugnis zu geben. Es war ein Apostelgeschichten-Moment für mich. Die Entscheidung selbst fiel mir nicht schwer: durch das Miteinander in der Gruppe und da wir alle beschlossen, Christus nachzufolgen, weil wir in diesem Moment alle davon überzeugt waren, dass das der einzige Weg war, unser Leben zu leben. Vor allem, weil der Jugendleiter uns mit Liebe, Gnade und Akzeptanz begegnete. Als wir uns entschieden hatten, sagte er, wir sollten sofort davon berichten. Wir gingen in den großen Saal zu den Erwachsenen. Sie machten für uns auf der großen Bühne Platz. Der Prediger sagte: „Ich werde nicht predigen – das hier ist viel wichtiger.“ Sie reichten uns das Mikrofon und wir erzählten, was in dieser Nacht passiert war, und beteten für all die reifen und erwachsenen Menschen.

OneHope hat eine globale Jugendkulturstudie unter 8394 Jugendlichen aus 20 Ländern weltweit durchgeführt. Was waren die überraschendsten Entdeckungen?

Wir haben herausgefunden, dass Großbritannien weltweit an dritter Stelle bei Depressionen und an erster Stelle bei Einsamkeit steht. Und dass Faktoren wie Süchte, Mobbing und die sexuelle Identität mit dem Selbstmordrisiko korrelieren. Außerdem sahen wir, dass sich in Westeuropa 29 % der Teenager als Christen bezeichnen, aber nur drei Prozent überzeugte Christen sind. Also mindestens einmal pro Woche beten oder in der Bibel lesen und daran glauben, dass Jesus der Sohn Gottes und die Bibel das Wort Gottes ist. Wir haben auch gesehen, dass diese Christen laut dieser Befragung weniger persönliche Probleme wie Depressionen, Ängste und Selbstmordgedanken haben. Wir haben gesehen, dass Jüngerschaft und die Bibel zu lesen, zu beten und ein engagierter Christ zu werden, lebensrettend ist. Was mich wirklich überrascht hat, ist, dass in dieser Generation, wenn sie in die Kirche eingeladen würden, 33 % gerne und 36 % vielleicht kommen würden. Sie sind also sehr offen dafür, mehr über Spiritualität zu erfahren.

In Westeuropa gibt es 6,6 Millionen Jugendliche der Generation Z im Alter von 13 bis 19 Jahren – etwa 8 % der Bevölkerung. Nur 3 % der Christen zeigen Überzeugungen und Verhaltensweisen, die auf einen lebendigen Glauben hinweisen. Was ist schiefgelaufen?

Im Grunde ist es die Säkularisierung einer Gesellschaft, in der es einmal fast unmöglich war, nicht an Gott zu glauben, hin zu einer Gesellschaft, in der der Glaube eine Möglichkeit unter anderen ist. Jim Memory hat hierzu einen lesenswerten missiologischen Report verfasst. Ein anderer Autor schrieb: „Es ist, als hätten wir ein leeres Haus geplündert.“ Das Haus wird also auf dem Christentum aufgebaut. Aber die Menschen, die in unserem Haus in Europa leben, glauben nicht, dass der Glaube für ihr Leben relevant ist. Wenn man in einer so säkularisierten Gesellschaft lebt, ist es sehr schwierig, Kinder zu erziehen. Und wenn die Eltern und Leitenden nicht zu 100 % darauf bedacht sind, den Kindern zu helfen, sich im Leben zurechtzufinden, wird es durch all die Einflüsse wie soziale Medien, Freundeskreise und Schule schwierig, die Kinder auf christliche Weise zu erziehen. Die Kirchen haben auch versagt. Die meisten Kirchen sind immer so geblieben, wie sie sind. Wie sie ihre Gottesdienste abhalten, wie sie sprechen. Sie haben sich nicht weiterentwickelt, sie haben sich nicht mit den Generationen erneuert. Wenn also ein junger Mensch eine Kirche betritt, in der eine Sprache gesprochen wird, die er nicht versteht, und in der Musik gespielt wird, die nichts mit dem zu tun hat, was er im Radio und in der Schule hört, ist das nicht relevant. Die Kirchen haben sich nicht darauf konzentriert, diese nächste Generation zu erreichen, sondern das zu erhalten, was sie haben.

„Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen“ – das mag zwar weltweit für kollektive Kulturen und in Europa vielleicht für ländliche Kontexte mit engen Beziehungen gelten, aber wie können wir das auf städtische Teenager der Generation Z anwenden?

Kinder brauchen mehr Beziehungen als nur zu ihren Eltern. Sie brauchen intergenerationelle und interkulturelle Beziehungen. Es geht nicht nur um die Familien und die Eltern, sondern auch um die Jugendleiter. Wir sind in unserer säkularisierten Gesellschaft so individualistisch geworden, dass Eltern ihre Kinder aggressiv vor anderen Erziehungsstilen oder Influencern (deutsch: Einflussnehmern) schützen, während sie es gleichzeitig Bildungseinrichtungen und Gleichaltrigen überlassen, über wichtige Fragen wie die sexuelle Identität und darüber, was sich gut anfühlt, zu sprechen. Jetzt müssen wir einen Weg zurück in die Gemeinschaft finden. In eine Gruppe von Menschen, denen wir vertrauen können, wo Familien zusammenkommen und Gottes Wort studieren, aber auch zusammen abhängen und Spaß haben. Und wir müssen uns von der Individualisierung lösen, mehr mit anderen Familien teilen, gemeinsam essen, zusammenkommen und Menschen finden, die unseren Kindern eine sichere Führung und Einflussnahme bieten. Das ist möglich, aber wir sind noch nicht so weit.

Sie charakterisieren die Generation Z als „sehnsüchtig nach authentischen Beziehungen und Erfahrungen“. Wo finden Sie in Ihrem Umfeld – in Soest – Orte, an denen diese Sehnsucht auf den christlichen Glauben trifft?

Ich kenne einige gute Kirchen hier in den Niederlanden, in denen junge Menschen in Kleingruppen wachsen. Aber die Kleingruppen müssen relevant sein. Wenn ein Jugendlicher sich für Fußball interessiert, dann gründen Sie eine Fußballgruppe, die sich nach der Schule trifft, Fußball spielt und in der Sie in der Pause erzählen, was Jesus gesagt hat und was das mit ihnen zu tun hat. Und dann investieren Sie in Jüngerschaft.

Diese Generation ist „dem Christentum gegenüber nicht feindselig eingestellt. Obwohl die große Mehrheit nie in die Kirche geht, sagen die meisten, dass sie kommen würden, wenn sie eingeladen würden. Brauchen wir also einfach bessere Veranstaltungen, mehr Jugendpastorinnen und -pastoren und relevante christliche Medien?

So einfach ist es nicht. Ja, 70 % der befragten Teenager sind offen dafür zu kommen. Es hängt aber davon ab, wer ein lädt. Es ist eine Frage der Beziehung. In Westeuropa haben wir großartige Veranstaltungen. Aber wir müssen uns darauf konzentrieren, junge Menschen zu Jüngern zu machen, damit sie sich nicht scheuen, andere Menschen einzuladen und ihr Zeugnis zu teilen. Als ältere Menschen müssen wir ihnen helfen, darin selbstbewusster zu werden. In der Generation Z sind sie wahrscheinlich die einzigen engagierten Christen in ihrem Klassenzimmer. Sie haben nicht viele christliche Gleichaltrige. Wenn sie also zu großen Veranstaltungen kommen, sehen sie, dass sie nicht allein sind. In der Gemeinschaft fühlen sich Teenager wohl, und sie brauchen sie. Wenn sie herausfinden, dass sie willkommen sind, sind sie offen für alles, denn auch das kennzeichnet die Generation Z: Die Wahrheit ist flexibel. Es gibt deine Wahrheit und meine Wahrheit. Wir schaffen Vertrauen, indem wir uns wirklich für sie interessieren und von ihnen lernen, wie sie kommunizieren. Sie haben alles, was sie brauchen. Ich kann es nicht besser machen, weil ich zu alt bin. Es gilt aus der Bibel zu lernen, dass Christus dir das Selbstvertrauen gibt. Wenn sie einen Raum betreten, tritt das Reich Gottes ein, und die Teens sind sich ihrer Identität in Christus bewusst. Und können ihre Geschichte erzählen: „So hat mir mein Glaube geholfen. Ich habe gebetet und es ist passiert.“ Wenn sie in Gott sind, geschehen Wunder.

Welchen Satz geben Sie unseren Lesern mit?

Für die Eltern: Unterschätzen Sie nicht Ihren Einfluss – selbst im Teenageralter suchen die Jugendlichen bei Ihnen nach Orientierung in sozialen und ethischen Fragen; arbeiten Sie von klein auf an einer liebe- und respektvollen Erziehung, indem Sie gut zuhören, um zu verstehen. Und für alle Leiter: Konzentrieren Sie sich auf Jüngerschaft und fangen Sie jung an. Diese Generation ist zu dieser Generation berufen.

Das Interview führte Simon Diercks, Leiter Communication & Media

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2021 – Januar 2022) erschienen.

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