Erinnerungen an die Neukirchener Mission und die Freie evangelische Gemeinde Moers-Schwafheim

Erinnerungen an die Neukirchener Mission und die Freie evangelische Gemeinde Moers-Schwafheim

von Heinz Pannen, Moers-Schwafheim

Vorbemerkung

Meine Eltern und Großeltern waren sehr mit der „Freien evgl. Gemeinde Moers-Schwafheim“ verwachsen. Mein Großvater gehörte zu den Gründungsmitgliedern, mein Vater war viele Jahre Ältester in der Gemeinde. Ich habe lebenslange Erinnerungen an die „Neukirchener Mission“. Meine Vorfahren sagten immer wieder, die Neukirchener Mission ist die Mutter unserer Gemeinde.
Darum, wenn ich über Erinnerungen an die Neukirchener Mission schreibe, komme ich an der Freien evgl. Gemeinde Moers – Schwafheim nicht vorbei.

Auszug aus der Chronik der Freien evangelischen Gemeinde Moers-Schwafheim

An dieser Stelle lassen wir zunächst Dietrich Reinders (1877 – 1956), einen der Gründerväter, sprechen und übernehmen seine Aufzeichnungen: (Hier sind nur Teile wiedergegeben, in der die Neukirchener Mission eine wesentliche Rolle spielt.)

Jede Gemeinde hat ihre Geschichte und Vorgeschichte. Da, wo Gott sein Reich bauen will, hat er in wunderbarer Weise alles bis in Kleinste vorbereitet, damit sein Name verherrlicht werde.

Wenn manchmal der Herr durch einen gewaltigen Zeugen ein Rauschen des Geistes hervorruft und eine plötzliche Verwandlung schafft, so reitet er doch nicht im Galopptempo. Unser Gott hat auch Zeit. Er führt alles so, dass wir zuletzt erkennen müssen, dass er allein weise ist und ihm der Ruhm gebührt.   

Jede Gemeinde hat aber auch ihre Eigenart. Diese ist begründet durch ihre Entstehung und ihre Entwicklung einerseits, auch wohl durch die Einstellung der leitenden Brüder andererseits. Bei Letztem kann aber auch das Wort aus dem 1. Brief im 9. Vers des Paulus an die Korinther maßgeblich sein: „ich bin jedermann allerlei geworden, nur dass ich ja etliche für Christus gewinne“.

Wenn ich im nachstehenden etwas über die Geschichte der freien evangelischen Gemeinde in Schwafheim niederschreibe, so geschieht dies nicht, um einzelne Persönlichkeiten oder Arbeitszweige herauszustellen, sondern der Nachwelt zu zeigen, auf welche wunderbare Weise Gott sein Reich baut und aus „nichts“ etwas schaffen kann, damit allein sein Name verherrlicht und gepriesen werde.

Was ich hier schreibe, ist eigenes Erleben und mag von manchen einseitig betrachtet werden. Manches mag auch in dem Bericht nicht enthalten sein, was dem einen oder anderen wichtig erscheint, es soll nicht absichtlich weggelassen werden.

Ich schreibe, wie Gott mir`s eingibt:
Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts (ca. 1850) war Schwafheim ein geistlich völlig vernachlässigter Ort und lebendiges Christsein ein unbekanntes Ding. Noch um die 80er Jahre war nur alle drei Wochen Sonntagsnachmittags eine Bibelstunde, die von den Pastoren der Kirchengemeinde Hochemmerich (heute DU-Rheinhausen) – zu welcher Schwafheim gehörte – gehalten wurde. (Anm.: die evangelische Kirche in Schwafheim wurde erst 1906 gebaut)

Als im Jahre 1894 den neu gegründeten Jünglingsverein bei dem lieben, alten Pastor Nordmeyer in Moers zur Kreisverbindung anmeldete, sagte derselbe ganz erstaunt zu mir: „In Schwafheim? – Das muss ich sagen – Bei Gott sind alle Dinge möglich“.
Wo aber Leben aus Gott ist, da ist auch Bedürfnis nach dem lebendigen Gotteswort und nach Gemeinschaft mit Gotteskindern.

Mein seliger Vater hat oft erzählt, wie er in in früheren Jahren nach Meiderich zu einem Pastor Hofius in die Kirche gegangen sei. Nach der Kirche habe der Pastor viele auswärtige Brüder mit in sein Haus genommen, wo sie dann noch eine gesegnete Gemeinschaftsstunde gehabt hätten.

Als dann in Duisburg – Homberg die Tätigkeit des alten Bruder Hengstenberg vom Brüderverein einsetzte, ging er nach dort und hat oft erzählt von der Gemeinschaft der Kinder Gottes. Unterwegs stieß er dann in Moers –  Asberg auf verschiedene Brüder, die mitgingen. Ich erinnere mich noch verschiedener Namen, die ich hier anführe. Es waren die Brüder Stockrahm, Bürks, Kapp, Gervers und andere, die später den Grundstock der „Freien evgl. Gemeinde Moers – Scherpenberg“ bildeten.

Zwei junge Leute, die Brüder Balthasar und Gerhard Klumpen, waren auch gläubig geworden an Jesus. Um das Jahr 1884 war Balthasar  Klumpen zu Besuch bei Verwandten in Moers – Repelen. Dort traf er mit Zöglingen des vor kurzen gegründeten Missionshauses in Neukirchen, die dort in Repelen eine Sonntagsschule gegründet hatten, zusammen.

Während der Unterhaltung tauchte die Frage auf, ob man nicht auch in Schwafheim mit der einer Sonntagsschule beginnen sollte. Man kam zusammen, mietete ein Zimmer und die beiden späteren Java-Missionare „KAMP und JÜNGST“ begannen mit der Gründung der Sonntagsschule in Schwafheim. Das war der erste Anfang 1884.

Alle Sonntage kamen die beiden Brüder von Neukirchen nach Schwafheim herüber und taten ihren Dienst. Ihre Stützpunkte hatten sie in den Häusern von Klumpen und Reinders. Nach der Sonntagsschule machten sie Hausbesuche. Auch versuchten sie Bibelstunden zu halten, die jedoch sehr schlecht besucht wurden und öfters deswegen ausfallen mussten.

Im Jahre 1894 kam vom Missionshaus in Neukirchen ein junger Mann –  Karl Bähr. Er war ein feuriger Zeuge Jesu Christi und ein Mann für die Jugend. Unter seiner Leitung entstand gegen Ende 1894 der Jünglingsverein.

Im Jahre 1901 gelang es dem ehemaligen Zögling des Missionshauses Neukirchen, August Becker, zusammen mit Frau Wilhelmine Abel einen Jungfrauenverein zu gründen.

Der Bedarf an einem eigenen Versammlungsraum wurde immer größer. Es wurde gebaut. Auch die Brüder Hofmann und Moos vom Missionshaus kamen, wenn sie mal frei hatten, zur Arbeitsstätte.

Dietrich Reinders

Bis zum Jahre 1960 kamen Missionsschüler aus Neukirchen sonntäglich zur Mitarbeit.

Persönliche Erinnerungen

Meine persönliche Erinnerungen (Geburtsjahr 1937) beginnen mit dem Besuch der Sonntagsschule. Es kamen Seminaristen des Missionshauses zu uns in den Gemeindegottesdienst. Der begann um 10:00 Uhr, danach wurden die jungen Männer reihum in den Familien zum Mittagessen eingeladen. Um 14:00 Uhr begann die Sonntagsschule. Hier halfen die jungen Männer und waren oft auch verantwortlich tätig.  Die Seminaristen wurden in den Familien, auch bei meinen Eltern, verwöhnt. Es war eine Freude, wie es den jungen Leuten guttat, wenn sie ein von den Hausfrauen angerichtetes Essen, im Gegensatz zu dem Essen im Seminar, bekamen. Unsere Mütter gaben sich auch viel viel Mühe. In diesen Zeiten haben sich oft freundschaftliche Beziehungen zwischen den Seminaristen und Gemeindeglieder entwickeln. Ich erinnere mich an „ ? Esselborn, Hermann Ellmann, Albert Orth“. Später kam Karl Tesche dazu. Es kam zu gegenseitigen Besuchen und kleinen gemeinsamen Urlauben.

Missionsschüler meiner Generation waren u.a. Gottfried Borchert und Eugen Senk. Beide hatten später auch ein gutes persönliches Verhältnis zur Schwafheimer Gemeinde.

Gut erinnern kann ich mich an die Besuche der Kinder des Waisenhauses. Damals gehörte das Waisenhaus zur Neukirchener Mission. Die Besuche fanden im Zeitrahmen 1935 – 1970 jährlich statt. Die Kinder, etwa 100, wurden jedes Jahr an einem Sonntagnachmittag nach Schwafheim eingeladen. Hier war viel Platz auf der Gemeindewiese und im Wald, um zu Spielen und sich auszutoben. Die Kinder wurden verwöhnt mit Kaffee und Kuchen und nach dem Abendessen und manchen Geschenken ging es wieder nach Neukirchen zurück. Erwähnenswert ist noch der Transport der Kinder nach Schwafheim und zurück nach Neukirchen. Es gab damals noch wenige Fahrzeuge. Wer in Schwafheim ein Auto besaß, wurde angefragt, ob er sich mit seinem Auto an dieser Exkursion beteiligen würde. Es ergab sich immer eine große Bereitschaft der Schwafheimer Bürger, teilzunehmen. Oftmals fuhren 25 PKW`s im Konvoi in Schwafheim ab und holten die Kinder, und brachten sie auch wieder nach Neukirchen.  Vielfach hatten viele Autofahrer auf der Rückfahrt Geschenke für die Kinder dabei.

Ich erinnere mich gerne an die jährlichen Jugendmissionsfeste, die als Open-Air-Gottesdienste im heutigen Freizeitgelände Klingerhuf, und zwar in der „Aapen-Kull“ abgehalten wurden. Wir fuhren von Schwafheim mit dem Fahrrad dort hin.

Durch Tod und auch aus persönlichen Gründen wurden die Menschen, die die gemeinsame Geschichte der Neukirchener Mission und der FeG MO – Schwafheim  erlebt und geschätzt haben, in Neukirchen und auch in Schwafheim immer weniger.

Ich kann heute im Rückblick sagen, die Neukirchener Mission hat in Schwafheim unter und mit Gottes Segen gearbeitet. Dafür wollen wir unserem Gott danken.

Dieses Schreiben soll dazu beitragen, dass wenigstens ein Teil der Erinnerung an die Neukirchener Mission nicht verloren geht.

Wir wollen alleine „Gott die Ehre“ geben.