Hasenbergl interkulturell

Hasenbergl interkulturell

Ralph und Monika Wiegand gründen in München eine Gemeinde mit Menschen aus aller Welt. Ralph sieht Menschen, die langsam Jesus kennenlernen, beobachtet, wie sich Puzzlestücke immer mehr zusammenfügen und wie sie selbst zur Gebetserhörung werden.

Mein türkischer Freund Harun ruft an. In seinem Stamm-Café trifft er eine verzweifelte Nigerianerin. Das Jugendamt hat ihr die Kinder weggenommen. Harun: „Mein Pastor kann helfen!” So treffen wir uns ein paar Tage später, reden und beten gemeinsam. Dabei ist auch Mehmet, entfernt verwandt mit Harun. Er ist noch nicht lange in Deutschland, sucht in München Arbeit, Wohnung, Auto … Er fragt, warum ich nicht wie „normale Priester“ herumlaufe, mit Bart und so. So kommen wir ins Gespräch über die echte, lebendige Beziehung zu Jesus, über Führung und Heilung.

Harun bringt mich mit vielen in Kontakt. Seit 30 Jahren in Deutschland und vor kurzem Witwer geworden, begleitet er mich bisher in jeden Gottesdienst. Beim allerersten Mal bringt er gleich Lokum („Turkish Delight”) und sein Kaffee-Equipment mit: Er will die Besucher einladen. Fünf Gemeinden haben wir schon besucht. Er liebt Christen und sucht eine Frau, aber eine „richtige Christin“. Er glaubt an Jesus, doch die tiefe Jesusbeziehung kennt er noch nicht. Seine Frau war orthodoxe Griechin. Ich bete für ihn.

So bunt ist der Münchner Norden. 2020 haben meine Frau Monika und ich im Glauben zum Ruf „Ja“ gesagt, in München eine interkulturelle Gemeinde aufzubauen. Wir hatten keine Ahnung, was uns erwartet, nur die Gewissheit, dass Gott uns gebrauchen will. Nur wo in München, mit wem und wie konkret? In der Großstadt fühlten wir uns erstmal hilflos. Doch in den letzten Monaten passieren krasse Dinge. Das füllt uns mit Glauben an einen großen Gott, der weiß, was er tut.

Mittlerweile wissen wir: Im „Stadtbezirk 24“ Hasenbergl wird es losgehen. 63.000 Einwohner und keine evangelikale Gemeinde, drei Viertel der Menschen mit Migrationshintergrund. Selbst die Deutschen sind „irgendwie alle Migranten,“ sagte ein engagierter Lokalpolitiker, den ich neulich kennenlernte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hier Vertriebene, sozial am Rande stehende Menschen und immer mehr Ausländer angesiedelt. Klar, damit hat der Hasenbergl keinen guten Ruf. Grade deshalb wollen wir hier die Liebe und die Mission von Jesus leben: „suchen und retten.“

Mitarbeiter & Mitbeter

Von Anfang an wussten wir, dass interkultureller Gemeindeaufbau nur als Team geht – mit Leuten, die selbst interkulturelle Freundschaften pflegen. Außerdem ist uns Gebet wichtig, denn nur dadurch können geistliche Durchbrüche und Siege in der unsichtbaren Welt errungen werden. Mittlerweile sind wir Teil einer Gruppe von Betern aus verschiedenen Gemeinden, die schon lange für den Hasenbergl beten. Wir werden also quasi selbst zur Gebetserhörung und spüren, wie Gott Menschen zusammenpuzzelt und Freundschaften entstehen. Wir glauben: Das hier ist ein „Kairos* Gottes“.

Ein gläubiger Kinderarzt im Hasenbergl betet seit Jahren für „seine Kinder“ und Familien. Wenn das keine Saat ist! Das Schild vor seiner Praxis in neun Sprachen spricht für sich. Hier finden auch Gebetstreffen statt. Er ist ein Wegbereiter für Jesus und braucht selbst Gebet.

Auch Taj braucht Gebet. Er ist als Flüchtling aus Afghanistan anerkannt. Viermal wollte seine Familie nachkommen, doch die Machtübernahme der Taliban machte zuletzt alles unmöglich. Er braucht Gemeinschaft, die seinen Glauben stärkt. Durch Mehrdad hat er jetzt persischsprachige christliche Kontakte. Wir helfen und ermutigen, wo Gott uns mit Menschen in Kontakt bringt.

Im Moment sind wir noch in der Orientierungsphase. Für Gottesdienste ist es zu früh, aber eine Kleingruppe kann entstehen.

Monika und Ralph Wiegand sind Gemeindegründer der Kairos-Gemeinde in München

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2021 – Januar 2022) erschienen.

*) „Kairos“ (griechisch) steht in der Bibel für den „günstigen Moment“, den „passenden Zeitpunkt“ von Gott her.