„Komm und sieh‘“

„Komm und sieh‘“

Jörg und Dorothea Eymann begleiten die Gemeindegründung Ai HOPE Church in Inazawa, Japan. Eine Gemeinde für die junge Generation – nun ist sie in den Händen eines jungen, japanischen Pastors.

Wir arbeiten seit über sieben Jahren im Team mit einem japanischen Pastor in der Ai HOPE Church. Was für eine Bereicherung, Ermutigung und Hilfe, für uns und auch für ihn! Was für ein Geschenk! Und so kam es dazu …

Es ist Anfang 2012. Dorothea und ich leiten seit Jahren das HOPE Youth Center, ein missionarisches Jugendzentrum. Junge Japaner werden Christen. Wir merken: Wir brauchen eine geistliche Heimat für sie. Eine Gemeinde soll entstehen. Unsere „Muttergemeinde“ will diese neue Gemeinde als ihre „Tochter“ gründen.

Wir möchten jedoch nur zusammen mit einem japanischen Pastor starten. Die Gründe sind vielfältig: Die Übergabe von einem deutschen Missionar auf einen japanischen Pastor ist nicht einfach, da die Gemeindearbeit oft zu „deutsch“ geprägt ist. Zudem sehen wir die Vorteile einer Teamarbeit: gegenseitige Ermutigung und Stärkung, Ergänzung von Gaben, gute Weiterführung der Arbeit, wenn wir als Missionare im Heimataufenthalt sind. Eineinhalb Jahre versuchen wir, jemanden zu finden, doch nichts bewegt sich. Aber dann im Sommer 2013: Unser japanischer Bund stellt uns einen jungen Bibelschüler vor. Er passe nicht in das Schema eines „normalen“ japanischen Pastors. Er hat lange Haare, fährt Motorrad und scheint irgendwie ein besonderer Typ zu sein …

Den wollen wir kennenlernen!

Wir treffen uns zweimal. Er heißt Yutaro Masuda, ist Anfang 30 und von Beruf Fotograf. Er hat noch nicht viel mit Ausländern zu tun gehabt und auf der Bibelschule nicht viel zum Thema Gemeindegründung gehört. Wir mögen ihn, auch wenn da Bedenken sind. Andererseits haben wir keine große Wahl. Yutaro passt zu unserem Anliegen, eine Gemeinde für die junge Generation zu gründen. Doch auch Yutaro weiß nicht, ob das sein Platz ist, denn Gemeindegründung ist Neuland für ihn. Aber Gott gibt ihm ein Zeichen. „Komm und sieh …!“, sagt Jesus in Anlehnung an Joh 1, 39 zu ihm: „Du wirst schon sehen, was ich in Inazawa mit dir vorhabe.“ Yutaro folgt Jesus.

So starten wir mit ihm und drei weiteren Mitgliedern im April 2014 die Ai HOPE Church (AHC). Wir treffen uns mit Yutaro wöchentlich, um eine gemeinsame Vision zu entwickeln. So lernen wir uns kennen und schätzen.

Wir müssen viel entscheiden: Welche Gemeindestruktur? Welche Gottesdienstform? Was ist uns wichtig? Dieser Prozess dauert viele Monate. Von außen bekommen wir Druck, möglichst bald mit einem Gottesdienst anzufangen („Eine Gemeindearbeit ohne Gottesdienst ist nichts Gescheites“). Aber wir wollen Schritt für Schritt gehen. Zunächst starten wir mit einem Gottesdienst im Monat. Später haben wir wöchentlich Gottesdienste.

Das alles ist sehr spannend. Es herrscht Aufbruchsstimmung. Japaner kommen zum Glauben, schließen sich der AHC an. Immer mehr gewinnt Yutaro Begeisterung für diese Art von Gemeindearbeit.

Aber wir erleben auch viel Wechsel. Im Leben von jungen Menschen ist viel Bewegung. Manche beginnen zu arbeiten und kommen nicht mehr so regelmäßig. Zudem kommt es zu zwischenmenschlichen Problemen. Ein Mitglied der ersten Stunde verlässt die Gemeinde. Die Gemeinde erlebt ihre erste große Bewährungsprobe. Das geht auch an uns Leitern nicht spurlos vorüber. Aber wir bleiben zusammen, halten zusammen, beten zusammen.

Am fünften Geburtstag der AHC übergeben wir die Hauptverantwortung für die Gemeinde an Pastor Yutaro. Wir stehen ihm weiter mit Rat und Tat zur Seite. Wir schätzen uns, mögen uns. Es war geplant, dass wir 2023 die Arbeit der AHC verlassen, um eine andere Arbeit zu starten. Aber unser Pastor hat uns gebeten zu bleiben …

Wir haben das Wunder der Einheit in Vielfalt im Team mit einem japanischen Pastor erlebt und erleben es bis heute. Was für ein Geschenk! Wir werden zwar ab 2023 mit einem Jüngerschaftszentrum eine neue, übergemeindliche Arbeit starten, bleiben aber der AHC und auch unserem Pastor als Mitglieder erhalten.

Jörg und Dorothea Eymann sind Missionare in Japan

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2021 – Januar 2022) erschienen.