Wie schreibt Gott Hoffnungsgeschichten?

Wie schreibt Gott Hoffnungsgeschichten?

Walter Josi beschreibt, was nötig ist, damit Hoffnungsgeschichten erlebt werden: sei es im finsteren Bergwerksstollen oder mit chronischer Erkrankung. Und er berichtet von jungen und älteren Menschen, die genau dazu den Mut haben.

„Tapfer kann man nur sein, wenn man vor was Angst hat und es trotzdem tut. Der Mutigste von allen ist immer der, der etwas mit der meisten Angst tut.“

Mit diesem Satz schickten wir im Juli rund 30 Kinder unserer Pfadfindergruppe in einen alten Erzstollen, der vor 400 Jahren von Bergbauleuten gegraben wurde. In dem Stollen war es kalt, dunkel und eng. Teilweise musste man auf dem Bauch kriechen, über dunkle Löcher balancieren und durch Gänge gehen, in denen sich ein Erwachsener nur knapp umdrehen kann. In einer Höhle tief unten im Berg blieben wir stehen. Der Leiter sagte: „Alle Taschenlampen aus.“ Man sah nichts mehr. Dunkelheit. Die Kinder rückten nah aneinander, um zu spüren, dass sie nicht allein in der Dunkelheit stehen. Mit einem Zischen flackerte ein Streichholz auf und eine Kerze wurde entzündet! Das Licht schien in der Dunkelheit und erhellte die Höhle. Beeindruckend, was eine Kerze in der Dunkelheit für einen Unterschied macht.

„Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“

(Johannes 8,12)

Auf einmal konnte sich jeder in dem Stollen gut vorstellen, was Jesus für einen Unterschied in dieser Welt macht. Dann werden Kerzen ausgeteilt und jedes Kind darf symbolisch seine Kerze bei der Kerze Jesu entzünden. Auf einmal ist man selbst Licht, selbst Hoffnungsträger an einem solch düsteren, kalten und unangenehmen Ort.

Deswegen sind wir hier: um Hoffnung in diese oft hoffnungslose Welt zu bringen. Jeder sehnt sich nach einer persönlichen Begegnung mit dem lebendigen Gott. Jeder möchte gesehen werden. Jeder hat im Leben seine persönlichen Nöte, Ängste und Sorgen und jedem möchte Gott individuell begegnen.

So wie die Kinder im Stollen das Licht bei der einen Kerze abgeholt haben, so werden wir zum Licht der Welt (siehe Matthäus 5,14). Wir können beten, zeigen, erklären, predigen, tun, lieben und trösten – aber es ist der Geist Gottes, der eine persönliche Begegnung mit Gott ermöglicht. Ich sage oft: „Wir müssen Räume schaffen, in denen der Heilige Geist wirken kann.“ Und so entstehen Geschichten wie diese:

Ende des Winters kam ein Mann das erste Mal zu uns in den Gottesdienst, da seine Eltern an diesem Sonntag getauft wurden und sie ihn zu diesem Fest eingeladen hatten. Er litt unter einer Krankheit, die ihn chronisch müde machte, und die Ärzte wussten nicht mehr weiter. Während des ersten Liedes berührte ihn der Heilige Geist so sehr, dass seine ganze Müdigkeit abgefallen ist. Seitdem ist er geheilt. Nach der Taufe saß er noch mit zwei Männern am Lagerfeuer. Er gab sein Leben Jesus und brennt seitdem für ihn. Vieles hat sich in seinem Leben verändert. Mittlerweile hat er sich taufen lassen und bekennt öffentlich seinen Glauben.

Mit Jesus wird Hoffnung real

Für mich ist das eine typische Hoffnungsgeschichte im Reich Gottes. Denn die einzige Leistung, die wir gebracht haben, war, da zu sein und auf Jesus hinzuweisen. Den Rest hat der Geist Gottes gemacht. Du kannst Hoffnungsträger sein: als Nachbar, Schülerin, Arbeitskollege, Missionarin oder als der Mensch, dem man auf der Straße begegnet. Hoffnung empfangen, weitergeben und zuschauen, was der Heilige Geist tut.

Es wird nicht immer alles gut – zumindest auf dieser Erde. Aber ich weiß, Gott meint es gut mit jedem Menschen. Und wenn der Schmerz auch unbeschreiblich ist, wir keine Antworten haben, es keine spontanen Gebetserhörungen gibt und Probleme sich über Jahre hinziehen: „Ich weiß, dass mein Erlöster lebt.“ (Hiob 19,25)

Auch in dem Leben des Mannes ist nach seiner Heilung und dem Glaubensstart mit Jesus nicht alles in bester Ordnung. Er entwickelte eine extreme Dyskalkulie und konnte keine Zahlen mehr lesen. Aber er war nun nicht mehr allein. Er wusste: Gott sieht ihn auch in seiner neuen Not. Er war nun umgeben von Hoffnungsträgern, eingebunden in die Gemeinde Gottes. Immer wieder hört er Hoffnungsgeschichten anderer und wird daran erinnert: Gott ist meine Hoffnung! Inzwischen hat er erneut Heilung erlebt und stellt sich weiteren Herausforderungen in seinem Leben.

Mit Jesus wird Hoffnung real. Und ich merke: Oft braucht es Mut dazu, Hoffnungsträger in der Dunkelheit zu sein. Aber Geschichten der Hoffnung entstehen nur, wenn Menschen bereit sind, sich verwenden zu lassen. Wie die Kinder bereit waren, in den Stollenzu gehen und zu sagen: „Ja, dieser Herausforderung stelle ich mich!“

Walter Josi ist Missionar in Imst, Österreich

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2022 – Januar 2023) erschienen.