Ist ein Kind den Aufwand wert?

Ist ein Kind den Aufwand wert?

Sarah Bernert arbeitet seit 2017 als Hebamme in Tansania. Hier begegnet sie auch vielen jungen Müttern, die ihre eigene Geschichte mitbringen. Eine von ihnen: Pendo*.

Pendo kam mit Wehen zu uns, 17 Jahre jung, unverheiratet und mit dem ersten Kind schwanger. Ihre Mutter brachte sie zu uns. Später wurde sie Mutter von der kleinen Neema. Leider wurde Neema mit einer seltenen Fehlbildung der Speiseröhre geboren, die es verhindert, jegliche Flüssigkeiten aufzunehmen (Ösophagusatresie). Eine große, teure Operation in einem anderen Krankenhaus war nötig. Relativ schnell schaltete sich der Familienrat ein, um zu bestimmen, was gemacht werden sollte. Die Oma, das Familienoberhaupt, hatte viele Bedenken. Sie lehnte die OP mit dem Satz ab: „Lasst uns das Kind nach Hause zum Beten bringen. Wenn Jesus es will, wird er die Gebete erhören und sie (Neema) heilen.“

Eine große OP wie diese wird generell eher abgelehnt. Sie kostet eine Menge Geld und es besteht die Angst, dass das Kind trotz der Mühen nicht überlebt. Zudem haben Kinder keinen großen Stellenwert in der Gesellschaft.

Das machte Pendo ziemlich traurig, weil sie schnell merkte, dass ihr Kind ohne Hilfe keine Chance zu überleben hatte. Sie als unverheiratetes junges Mädchen konnte jedoch in der Situation kaum etwas sagen – es wurde über ihren Kopf hinweg entschieden. Das machte auch mich traurig. Die einheimischen Krankenschwestern und ich hatten viele Gespräche mit ihr und haben versucht, sie aufzubauen. Wir haben mit ihr gebetet. „Jesus hat dir dieses kleine Wesen anvertraut und er traut dir zu, dich um es zu kümmern. Erliebt es und möchte, dass es gesund wird. Wir möchten dir gerne helfen.“ Das hat sie wieder aufgerichtet.

Nach vielen Gesprächen stimmte die Familie schließlich zu, sie operieren zu lassen. In der Nacht vor ihrer Abreise hatte ich Nachtdienst und wir haben mit der tansanischen Schwester noch für Bewahrung gebetet und ihr Mut zugesprochen. Ich werde Pendos strahlenden Blick nie vergessen, als sie aus dem Auto stieg: nach einem Monat im Krankenhaus mit einer gesunden Neema auf dem Arm. Heute ist Neema ein glückliches, fröhliches Kleinkind.

*Name geändert

Sarah Bernert ist Missionarin in Matyazo, Tansania

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Mai – Juli 2024) erschienen.