Keine Frage der Finanzen

Keine Frage der Finanzen

Als 1934 Krieg vor der Tür stand und die Weltwirtschaft die eigenen Mittel knapp werden lies, schien für einen Missionstheologen die richtige Zeit, um über Geld zu sprechen. Elmar Spohn holt jene alte Zeilen hervor und hebt den Blick zum Herrn der Mission.

Neulich traf ich eine Frau nach einer längeren Zeit wieder. Sie hatte in der Vergangenheit unsere Gemeinde besucht und war dann weggeblieben. Auf meine Frage, warum sie nicht mehr kommen wolle, erklärte sie: „Die wollen doch nur mein Geld.“ Das schockierte mich. So oder ähnlich geht es vielen von uns, wenn wir an die rührigen, bisweilen drängenden Aufrufe zur finanziellen Unterstützung von Missionsgesellschaften denken. Oft drückt man auf die Tränendrüse oder argumentiert,
dass Gott das Geld für die Mission brauche.

Um etwas missionstheologische Klarheit in diese Sache zu bringen, möchte ich auf einen alten Text Bezug nehmen, der – wie ich meine – das Beste ist, das es zum Thema „Mission und Geld“ zu lesen gibt. Dieser Text „Wozu nötigt die Finanzlage der Mission?“ verfasste der württembergische Missionstheologe Karl Hartenstein in der Hitlerzeit. Da sein Text bereits 1934 in Missionszeitschriften veröffentlicht worden ist und sprachlich unzeitgemäß wirkt, möchte ich im Folgenden seine Hintergründe aufzeigen und den bedenkenswerten Inhalt in unsere Zeit holen.

Als Hartenstein seine Zeilen schrieb, befanden sich die Missionsgesellschaften in einer finanziellen Existenznot. Hitler, der ihre Arbeit hasste, war an der Macht. Die Nationalsozialisten erschwerten das Sammeln von Geld für Missionsarbeit. Auch den Unterstützerkreisen fehlte es am Nötigen, da die Folgen der Weltwirtschaftskrise von 1929 noch spürbar waren. Zudem brauchte man Divisen, das heißt US-Dollars und diese waren teuer oder gar nicht zu bekommen. Kurz, es war aus finanzieller Perspektive gesehen eine Katastrophe sondergleichen. In dieser Situation entfaltete Hartenstein seine Gedanken hinsichtlich Mission und Geld. Vielmehr ist Mission im Sinne der Mission Gottes (missio Dei) die Bereitschaft, sich hineinnehmen zulassen in Gottes Liebe für die Welt.

Zunächst klärte er das Missverständnis in Bezug auf das Wort „Mission“ auf. Mission ist mehr als die von einer Missionsgesellschaft ausgesandten Missionarinnen und Missionare, die in Afrika oder anderswo ihren Dienst tun. Mission ist „Anteilhabe an der Sendung des Sohnes (Jesus Christus), der Missio Dei mit dem umfassenden Ziel der Aufrichtung der Christusherrschaft“. Wow, dieser Satz geht tief. Er räumt auf, mit den gängigen missionstouristischen Vorstellungen, dass Menschen für eine geraume Zeit in irgendein Land reisen, um dort tätig zu werden. Vielmehr ist Mission im Sinne der Mission Gottes (missio Dei) die Bereitschaft, mich hineinnehmen zulassen in Gottes Liebe für die Welt. Ja, da können und sollen alle mitmachen. Alle sind gemeint. Alle können sich beteiligen, nach ihren Möglichkeiten, ihren Fähigkeiten und ihren (auch finanziellen) Gaben. Die einen bezeugen, was sie mit Gott an ihrem Arbeitsplatz erlebt haben. Andere engagieren sich für die Auslandshilfe, wieder andere erzählen von Gott über die Sozialen Medien oder bauen Brücken zu Menschen auf, die am Rande stehen. Alle können sich beteiligen und Freude daran entwickeln, Teil der großen Mission Gottes zu sein.

Das Entscheidende für die Mission ist die Substanzfrage, nicht die Finanzfrage.“

Dann aber kommt Hartenstein auf das Geld zu sprechen. Er schreibt dazu: „Das Entscheidende für die Mission ist die Substanzfrage, nicht die Finanzfrage.“

Mission – und ich denke dabei an jedwedes missionarische Handeln – gibt es nicht, weil Menschen mit Geld sie wollen. Hartenstein schreibt: „Das Primäre, ja das Entscheidende, mit dem die evangelische Mission steht und fällt, ist der Herr der Mission und der Ruf des lebendigen Herrn an seine Gemeinde zum Dienst an der Welt“. Anders ausgedrückt, Mission existiert nicht, weil Menschen Geld zur Verfügung stellen. Sie ist nicht unsere Mission, sie existiert nicht, weil jetzt gerade Geld da ist, weil es wirtschaftlich gerade gut läuft, sondern sie existiert, weil Gott sie will. Es geht Hartenstein um den „Ruf des lebendigen Herrn“ und damit um die Haltung, die wir dazu einnehmen.

Haben wir eine Haltung des freudigen und freiwilligen Mitmachens bei Gottes großer Mission? Wollen wir an der unendlichen Großzügigkeit Gottes teilnehmen und auch großzügig zur Welt sein? Letztlich sind alle eingeladen mitzumachen mit ihren Möglichkeiten und Gaben, mit ihren Schwächen und Stärken, mit ihrem großen oder kleinen Geldbeutel.

Elmar Spohn war Missionar der Allianz-Mission in Tansania und ist Missiologe und Theologe

Der Artikel ist in unserem Magazin move (Mai – Juli 2025) erschienen.