Lebensfundament

Lebensfundament

Es liegen rund 10.265 Kilometer zwischen Elena Reeh und ihrer Heimat – die halbe Welt. Genau so fühlte es sich auch an, als sie zum ersten Mal vor Ort war. Doch Gottes Herz schlägt für sie und die Filippinos.

Nanzenbach ist ein ruhiges Dorf mit rund 1000 Einwohnern zwischen den Mittelhessischen Hügeln. Hier ist Heimat. Elena spielt draußen, bis abends die Kirchturmglocken läuten. Wenn sie sich auf den Weg nach Hause macht, weiß sie, dass ihre Eltern sich schon auf sie freuen. Egal was passiert: Sie kann sich auf ihre Familie verlassen und Gott hält seine schützenden Hände über sie alle.

Manila – 15 bis 25 Millionen Menschen. Auf den Straßen riecht es nach Abgasen, nach Fäkalien, nach Großstadt. Mitten auf der großen Kreuzung sieht Elena eine Absperrung. Inmitten davon eines der vielen Straßenkinder, schlafend im Verkehrschaos. Sie erleben Gewalt jeglicher Art, tragen Verantwortung, die Elena sich als Kind nicht hätte vorstellen können und zeigen Resilienz, die sie nun als Erwachsene beeindruckt.

Es sind zwei unterschiedliche Welten auf dieser unserer Erde. Sie miteinander im Herzen zu vereinen – das ist eine Aufgabe, die gelernt sein muss. Elena wäre zu Anfang ihres Auslandsjahres am liebsten direkt wieder abgereist. Aber es passte nicht zu ihr. „Wenn ich etwas anfange, dann will ich das auch durchziehen“. Sie blieb und beschreibt es rückblickend als ein „Geschenk in so eine neue Kultur eingetaucht zu sein.“

„Darf er mit meinem Leben machen, was er möchte?“

Elenas Plan danach war nicht – trotz ihrer Dankbarkeit für die Erfahrung – Missionarin zu werden. Sie wollte Ergotherapeutin werden. Genau daran hielt sie auch fest, als sie 2004 aus der Metropole Manila nach Frankfurt am Main zog. Nach drei Jahren Ausbildung arbeitete sie als solche in Wetzlar. „In dieser Zeit“, erzählt sie, „habe ich gemerkt, Gott möchte von mir noch mal eine ganz klare Entscheidung: Darf er mit meinem Leben machen, was er möchte? Darf er wirklich Herr über mein Leben sein?“ Elena bejahte die Frage und nahm damals eine Freundin in diese Entscheidung mit hinein.

Die Philippinen standen damit noch nicht wieder auf ihrem Plan. Doch je mehr Zeit verging, desto mehr entwickelte Elena eine Liebe zu dem fernen Land und den Menschen dort. Deshalb bildete sie sich mit Fokus auf Mission, interkultureller Teamarbeit und Community Development fort. Als sie die Visionsreise auf die Philippinen unternahm, war für sie überdeutlich: Genau das war ihr Weg.

Abschied und Neuanfang

Innerhalb eines halben Jahres stand der Ausreisetermin fest. „Da war viel Frieden – ich glaube auch bei meiner Familie.“ Elena hatte sie immer wieder in ihre Gedanken mit hineingenommen. „Natürlich war der Abschied trotzdem schwer. Der Abschied ist immer schwer – jedes Mal aufs Neue Tschüss zu sagen, weil es so weit weg ist, und es sind viele, viele lange Phasen, in denen man sich nicht sieht.“

Im Januar 2016 begann ihr Missionsdienst. „Man fällt erst mal in ein Vakuum, weil alles wegfällt. Nicht nur das Äußerliche; Deutschland. Die Sprache fällt weg. Die Kultur fällt weg. Auch alle Rollen, die man vorher hatte, fallen weg.“ Doch da war auch viel Freude: die so oft unbezwingbare Lebensfreude der Filipinos. Tagalog zu lernen machte ihr überraschend viel Spaß. Auch freute sich Elena daran, Beziehungen zu bauen.

Von Kindheit an erlebte Elena, wie wertvoll gute Beziehungen sind, um mit einem stabilen Fundament das Heute zu bestreiten. Mit ihrer sanften, ruhigen und fröhlichen Art investiert sie in Filipinos aus Manilas armer Bevölkerung. Die Organisation PROFIL (Pro Filipino) wird ab September 2025 von ihr geleitet. Diese investiert durch Nachhilfezentren und den Schutzraum Pag-Asa in Kinder aus schwierigen und armen sozialen Verhältnissen sowie Straßenkinder. Sie betreut unsere Shortys, engagiert sich im Jüngerschaftsprogramm Tayo Na und erlebt als Teil einer Gemeindegründung, wie Menschen zu Jesus finden.

Wenn sie abends nach Hause kommt, sind ihre Füße anders als in Deutschland, schwarz vom Straßendreck. Sie hat wieder viel Leid gesehen. Gleichzeitig erlebt sie, dass Gott treu ist, weiß, dass er die Menschen in Manila nicht aus den Augen verliert und sie genau hier richtig ist.

Elena Reeh

  • Job bei der AM: Missionarin auf den Philippinen
  • So alt bin ich: 41
  • Die Philippinen sind: Heimat humorvoller und toller Menschen
  • Was ich an Filipinos liebe: die Neugierde für Fremdes und Neues, ihr Humor
  • Jesus für mich: mein Heiland und meine Hoffnung
  • Manchmal kann ich nicht schlafen, wenn: die Nachbarn schief Karaoke singen
  • Hobbys: Wertvolle Zeit mit Menschen verbringen
  • Das genieße ich: Zeit am Meer, gute Tasse Kaffee
  • Mein Lieblingswort auf Tagalog: magpakailanman (für immer/ewig)
  • Wenn ich an meine Grenzen komme,…: dann hilft es mir mit anderen Menschen unterwegs und zusammen zu sein
  • Was ist für mich Schönheit? Die Vielfalt von Gottes Schöpfung. Heilung und Versöhnung in Beziehungen zu erleben. Der Wald im Frühling.

Evelyn Clement ist Redaktionsleiterin der move

Der Artikel ist in unserem Magazin move (August – Oktober 2025) erschienen.