„Pastor, ich habe gemordet. Was soll ich tun?“

„Pastor, ich habe gemordet. Was soll ich tun?“

Sie haben elf Kinder. Und es wären 13 gewesen, hätte die Frau aus Angst um ihr Leben nicht zweimal heimlich abgetrieben. Heimlich, weil ihr Mann kein Verständnis dafür hat. Heimlich suchte sie auch das Gespräch mit Anafi Sounon Mora.

Sie sitzt da und seufzt. Völlig aufgelöst durch die Last, die sie durch die beendeten Leben ihrer ungeborenen Kinder spürt. Aber auch völlig erschöpft von der Arbeit, denn elf Kinder zu versorgen ist gewiss keine leichte Aufgabe. Zumal in der Kultur Benins nur wenige Männer im Haushalt mithelfen. Ihr Mann sieht als Pastor seine Verantwortung nur im Gemeindedienst.

Und nun sitzt sie hier: weinend, allein gelassen mit ihren Gewissensbissen. „Pastor, ich habe gemordet, als ich beide Male abgetrieben habe.“ So beginnt sie das Gespräch. Ihr Leben stand auf dem Spiel. Wie auch das Leben ihres Säuglings, den sie vor kurzem entbunden hat, und die Fürsorge für ihre anderen Kinder. Der Vater und Pastor hatte keine Zeit für sie übrig. Ihr Lebenszyklus war immer wieder: Schwangerschaft, Entbindung und bald wieder eine erneute Schwangerschaft. Auf ihre Sorge sagte ihr Mann mit deplatzierter Gelassenheit nur: „Jesu Blut wird dich schützen und alles Ungute von dir fernhalten.“ Doch die letzte Geburt überlebten Mutter und Kind nur knapp. Danach traf sie die Entscheidung, nie mehr ihr Leben aufs Spiel zu setzen und stattdessen lieber heimlich abzutreiben.

Ich höre ihr mit geballten Fäusten zu, im Kampf gegen meine eigene kochende Wut. Solch eine Ungerechtigkeit und Verantwortungslosigkeit mit der Bibel zu rechtfertigen ist für mich nur schwer zu ertragen. Dann stellt sie ihre Frage: „Pastor, was soll ich tun? Wird mir Gott vergeben? Oder mich verstoßen? Keinem habe ich bis jetzt davon erzählt, aber schweigen kann ich nicht mehr. Was soll ich tun?“ Ich habe ihr Trost zugesprochen, zusammen mit ihr gebetet und ihr den Zuspruch Gottes gegeben, dass er jedem vergibt, der seine Sünden bekennt. Diese Geschichte ist typisch für Benin. Hier erschwert neben dem weit verbreiteten Analphabetismus vor allem die mangelnde Bibelkenntnis die Arbeit. Es fordert uns heraus, eingeprägte Traditionen in Frage zu stellen und sie zu verändern.

In diesem Fall ist für den Mann gesundheitliche Aufklärung angebracht. Geburtenregelung oder Verhütung sind für ihn nicht im Blick. Dabei wollen wir helfen, soweit es geht: mit Gottes Wort und manchmal eben auch mit Aufklärung. Dieser Prozess ist oft mühsam und zäh. Dennoch sind meine Frau Roumana und ich sehr gerne hier. Denn Gott wirkt. Wir sind dankbar, hier unseren Platz gefunden zu haben. Denn um Menschen im Auftrag Gottes zu dienen, reicht es manchmal schon, nur ein verkehrtes Bild von Ihm zu korrigieren.

Roumana und Anafi Sounon sind Missionare in Cotonou, Benin

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Mai-Juli 2018) erschienen.