Neuland erobern

Neuland erobern

Simon Diercks macht sich in biblischer Begleitung auf den Weg in neue Weiten und fragt, was für jeden wichtig sind, der Neuland betritt.

Als sie den Fuß vom Schiff auf den Boden setzen, betreten sie Neuland. Eigentlich war es gar nicht ihr Ziel gewesen, aber Gott hatte andere Reisepläne für sie. Mit einem Traum macht Gott seinen beiden Auftragsreisenden deutlich, dass er einen neuen Kurs für sie hat: Makedonien, heute Griechenland und südlicher Rand Europas. So wird es in Apostelgeschichte 16 berichtet. Für Paulus und Timotheus bedeutet Unterwegssein mit Jesus, immer wieder Neuland zu betreten.

Für mich war die Nachfolge immer wieder damit verbunden, Neuland zu betreten: vom IT-Unternehmer zum Theologie-Student, vom Hamburger zum Hessen, Schwaben und Rheinländer, von der Gemeindearbeit in die Öffentlichkeitsarbeit einer Missionsgesellschaft. Vom Glaubenszugang durch die Bibel zum Erleben Gottes durch sein vielfältiges Reden in Natur, Anbetung, Gedanken, Eindrücken und so vielen bunten geistlichen Gaben.

Für manche unserer Missionare beinhaltet das Neuland noch viel mehr: neue Sprachen, zunächst fremde Kulturen, anderer Umgang mit ihrem christlichen Glauben bis hin zum verdeckten Arbeiten in Ländern mit eingeschränkter Religionsfreiheit. Neuland bedeutet für sie, Familie, Freunde und die eigenen vier Wände zurückzulassen und neu zu beginnen.

Neuland zu betreten gehört auch heute zum Lebensstandard mit Jesus dazu. Auch für Dich? Drei Fragen begleiten den, der nach Neuland ausschaut. „Wohin? Wie ankommen? Wo ist meine Heimat?“

Wohin?

Paulus ist auf seiner zweiten Missionsreise durch die bekannte Welt und nimmt Timotheus als Begleiter mit. Beide haben sie ihre Reiseroute vor Augen: die Runde durch die Provinz Asien zurück gen Heimat. Verständlich, waren sie ja auch weit schon genug gereist. Aber Gott zeigt ihnen durch den Heiligen Geist unmissverständlich, dass Neuland dran ist.

Die Antwort des Heiligen Geistes auf mein „Wohin?“ führte auch mich immer wieder in Neuland. Es ist die Frage, die Dir und mir unweigerlich begegnet: ob bei der Suche nach Berufung, Job oder Gemeinde. Diese erste Frage zu stellen, braucht Mut. Manchmal beantwortet Gott die Frage auch, ohne dass wir sie gestellt haben, wie bei Paulus und Timotheus. In jedem Fall ist es aber unsere Entscheidung, ob wir seine Antwort hören und ihr folgen.

Traust Du Dich zu fragen: „Wohin, Gott?“ Oder hat der Heilige Geist die Antwort schon lange in Deine Agenda geschrieben und du bist nur noch nicht losgegangen? Dass muss ja nicht immer weit sein, nicht Kongo, Kenia oder Kambodscha. Es kann auch Köln, Karlsruhe oder Kempten sein, oder neuer Job, eine neue Beziehung, ein neuer Anfang mit Gott?

Wie ankommen?

Für unsere Missionare ist das die zentrale Frage: Sprache, Inkulturation und Gemeinschaftsanschluss gelingt in Schwaben dann doch leichter als in Sri Lanka. Aber jedes Neuland fordert uns heraus, egal wie weit die Reise geht: vertraute Verhaltensweisen, oft besuchte Lieblingsorte und eine Gemeinschaft, in der ich mich verstanden fühle, fehlen erstmal. Was hilft, in Deinem und meinem Neuland anzukommen?

Zum einen eine klare Mission vor Augen. Also eine Antwort im Herzen auf die Frage: Was will Gott hier mit mir? Was für Paulus und Timotheus offensichtlich war, gilt es für uns heute, in alltägliche Etappen herunterzubrechen: „Gott, was willst Du heute durch mich und mit mir tun?“ In meiner Familie, Firma oder allen Begegnungen. Wo ist heute jemand wie Lydia, der erste Mensch, der während der Begegnung mit Paulus und Timotheus auf europäischen Boden zum Glauben an Jesus kommt? Wo ist heute meine Lydia, der ich ein paar Schritte weiterhelfen darf in ihrem Leben und Glauben?

Das zweite, was hilft, sind Mitreisende ins Neuland. Wie Timotheus es für Paulus war. Jemand, der mit Dir neue Schritte wagt. Dir Gegenüber, Gesprächspartner und Halt ist, wo alles sich neu anfühlt. Das kann ein alter oder neuer Freund sein, in den du bewusst Qualitätszeit investierst. Und wo Du Dich allein wähnst, da ist es Gott in seinem Heiligen Geist, der Dich nicht nur auf die Reise schickt, sondern huckepack bei jeder Etappe dabei ist.

Eine gesunde Portion Neugierde ist das dritte, was im Neuland hilft, anzukommen. Was gibt es hier an neuen Verhaltensweisen, Orten, Gemeinschaften zu entdecken? Wie begegnet mir Gott hier ganz neu? Solch eine Neugierde lässt Paulus später auf seiner Reise in Athen fasziniert entdecken, dass die Athener neben allen Gottheiten, die sie so kreativ und auf teils absonderliche Weise anbeten, auch einen Altar für „den unbekannten Gott“ (Apostelgeschichte 17,23) errichtet haben. Sei neugierig, wie die Menschen in Deinem Neuland nach Gott suchen, wo sie ihn finden und wo Du ihnen etwas von Gott zeigen kannst. Schließlich hilft es, bei allem neuen die dritte Frage zu beantworten:

Wo ist meine Heimat?

Wer mich nach meiner Heimat fragt, der lernt, dass sie Hamburg heißt und die schönste Stadt der Welt ist. Aber so überzeugt ich das sage, bin ich mittlerweile bald mehr Jahre für Gott unterwegs quer durch Deutschland als in meiner Heimatstadt zu sein. Mit Partnerwahl, eigenen Kindern, einer neuen Gemeinde oder einem berufsbedingten Umzug lässt sich die Frage nach der eigenen Heimat oftmals nicht mehr so klar beantworten.

Da tut es gut, um eine Heimat zu wissen, die nicht von dieser Welt ist und die so mobil ist, dass ich sie überall mit hinnehmen kann: meine ewige Heimat bei Gott. So abgedroschen das klingen mag, habe ich es immer wieder genau so erlebt. Auf einer russischen Wolgainsel umgeben von russisch Gott lobpreisenden Jugendlichen: „Бог любит тебя!“ (deutsch: Gott liebt Dich!) waren ein paar der nur wenigen Worte, die ich ihnen in ihrer Sprache sagen konnte. Aber mit ihnen gemeinsam Gott anzubeten war ein Stück Heimat. In meiner Gemeinde: da muss nicht alles so sein, wie ich es mir perfekt vorstelle, solange Jesus da ist. Je mehr ich diese ewige Heimat in meinem Neuland finden lerne, desto gelassener werde ich:

weil mein Leben nicht einfach in der Fremde an mir vorbeizieht, sondern das Beste noch kommt. In meinen Beziehungen: in Partnerschaft und Familie. In Freundschaften, die nicht ortsgebunden sind und über Jahrzehnte tragen.

Heimat kostet mich etwas, braucht meinen Einsatz. Ich will in meinen Glauben als Zuhause investieren, in meine Beziehungen als Heimat, in meine Gemeinde, wo etwas von dieser ewigen Heimat schon spürbar wird.

Wohin? Wie ankommen? Wo ist meine Heimat?
Wer diese drei Fragen stellt und sie im Neuland gut beantworten kann, für den wird aus dem bedrohlichen Neuland ein verheißungsvoller Neustart in einen neue Wegetappe an Jesus Seite. Das war für Paulus so. Das ist für mich so. Für viele unserer Missionare weltweit und uns als ganze Allianz-Mission so. Und für Dich? Was ist Dein Neuland?

Simon Diercks ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Mai – Juli 2019) erschienen.