Sie werden Third Culture Kids (TCK, deutsch: Dritt-Kultur-Kinder) genannt, weil sie zwischen der Herkunftskultur ihrer Eltern und der fremden Kultur, in der sie aufwachsen, leben. Birgit Schmidt gewährt einen familiären Einblick.
Meine Kinder wachsen in einem fremden Land auf. Die Umgebung ist uns als Eltern genauso neu und unbekannt wie unseren Kindern. Wir lernen gemeinsam, wie man sich in diesem Land bewegt, benimmt, wie wir als deutlich sichtbare Ausländer wahrgenommen werden und auch, was man von uns erwartet. Einerseits ist da Unsicherheit. Und andererseits bringt uns das als Familie dichter zusammen, da wir viel reden, reflektieren und nach guten Wegen suchen. Unsere Kinder haben viele Fragen, genauso wie alle Kinder. Nur wir Eltern können nicht auf eigene Erfahrungen und allgemein bekannte Regeln des Zusammenlebens in diesem Kontext zurückgreifen. Wir suchen nach den besten Wegen, unsere Kinder sowohl mit der anderen Kultur vertraut zu machen, als auch gleichzeitig unsere Überzeugungen und christlichen Werte zu vermitteln.
„Toll, dass eure Kinder so leicht verschiedene Sprachen sprechen!“ Diese Annahme begegnet uns bei Besuchen in Deutschland immer wieder. Ja, unsere Kinder sprechen nicht nur Deutsch. Sie fühlen sich am wohlsten mit der Sprache, mit der sie mit ihren Freunden und in der Schule gesprochen haben. Deutsch ist nicht mehr ihre Erstsprache oder besser: Hauptsprache.
Vielleicht wird beim Thema Sprache am deutlichsten, welchen Einfluss das Leben in einem fremden Land auf Kinder hat. Sprache ist ein extrem wichtiges Werkzeug, uns mitzuteilen, in Beziehung zu treten und unseren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Fehlende Sprache ist ein großes Handicap. Unsere Kinder erleben die Grenzen und Möglichkeiten von mündlicher und schriftlicher Kommunikation deutlich stärker als Kinder, die in ihrem Heimatland bleiben.
Damit verbunden ist die Frage des Dazugehörens. In unserem Gastland sind wir eben keine Einheimischen. In Deutschland sind vor allem unsere Kinder den Gleichaltrigen entfremdet, da ihnen nicht bekannt ist, welche Serien gerade geschaut werden, welche Kärtchen von Sportlern zu sammeln sind, wie sich der Slang zwischen Jugendlichen entwickelt. Da sind wir angewiesen auf sensible Familienmitglieder, Freunde, Unterstützer, die im Auge behalten, was für unsere Kinder beim Eintauchen in die deutsche Kultur wichtig sein kann. Für unsere Kinder bleibt es in beiden Kulturen die Aufgabe, ein hohes Maß an Motivation und Energie aufzubringen, um sich der jeweils aktuellen Umgebung anzupassen. Wir Eltern müssen dabei sehr gut im Auge behalten, wie es unseren Kindern geht, wo sie Unterstützung brauchen oder wo wir sie vor überzogenen Erwartungen schützen müssen. Der Kernfamilie gebührt eine besondere Stellung. Sie bleibt in den Wechseln von einem Land zum anderen das Beständige, das Vertraute, der Ort, an dem Geborgenheit erfahren wird.
Kinder von Missionaren sind nicht gefragt worden, ob sie den Dienst ihrer Eltern akzeptieren und, wo möglich, mitgestalten. Die Erwartungen an ihre Kooperation sind allerdings hoch. Deshalb ist es so wichtig, auch die geistliche Entwicklung unserer Kinder feinfühlig zu begleiten. Ein großer Schatz ist es, wenn die Kinder reifen Christen begegnen: sei es im Team, einer internationalen Missionarsgemeinschaft oder Gemeinde oder im Kreis einheimischer Christen. Christen, die authentisch mit den Schwierigkeiten und dem Segen umgehen, den sie erleben. Christen, die sie mit hineinnehmen in Erfahrungen, die sie mit unserem großen Gott machen. Von diesen Christen haben wir manche getroffen. Gott sei Dank gibt es sie an vielen Orten dieser Erde. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass unsere Kinder einen eigenen Glauben entwickelt haben.
Birgit Schmidt ist Lehrerin in Hessen, mit ihrem Mann Thomas war sie 16 Jahre Missionarin in Hanoi, Vietnam