Für die Ärmsten in der albanischen Stadt Progradec ist zahnärtzliche Versorgung oftmals nicht verfügbar oder erschwinglich. Für sie ist ein Team von Volontären angereist und hat nicht nur Zahnschmerzen gelindert.
Die Stadt Pogradec in Albanien liegt am wunderschönen Ohridsee. Die Sommermonate sind vom Tourismus geprägt und sichern für viele ein gewisses Einkommen. Leider profitiert die ärmste Bevölkerungsschicht kaum davon. Seit Ende 2016 unterstützt die Allianz-Mission in einem Stadtteil eine Gemeindeaufbauarbeit unter den Ärmsten der Armen. Das sind überwiegend Roma und Balkan-Ägypter. Inmitten dieses Stadtteils befindet sich auch die von der Allianz-Mission unterstützte Gemeinde „Kisha Burimi i Jetës“, was übersetzt „Gemeinde Quelle des Lebens“ heißt. Abgesehen von wenigen Familien, herrscht hier große Armut. Bei einem Projektbesuch Anfang 2021 bekamen wir mit, wie viele Menschen hier unter Zahnproblemen leiden und keine Versorgung haben. Daher bemühte sich die Allianz-Mission darum, ein Team von Zahnärzten für einen GoGlobal Volontariatseinsatz zusammenzustellen. Wir konnten dafür eine Zahnärztin und zwei Helferinnen gewinnen. Sie sind ein eingespieltes Team und haben unter dem Dach des Vereins Konkordia hilft e. V. (zahnaerztliche-hilfseinsaetze.de) schon vielen Menschen mit ihrer mobilen Zahnarzteinheit geholfen. Außerdem versorgte uns die Hilfsorganisation humedica mit den notwendigen Einmalhandschuhen, Antibiotika und Schmerzmitteln.
Vor Ort wurden wir tatkräftig von der Gemeinde unterstützt. Die Anmeldung der Patienten war gut organisiert, sodass in der Regel nur wenige draußen warten mussten. Die beiden Töchter des Pastors übersetzten für uns und regelten die Patientenaufnahme und -koordination. Und schließlich sorgten zwei Frauen täglich für die kulinarische Versorgung. Wir sind sehr dankbar, dass wir uns als Team gut eingespielt und zusammengearbeitet haben.
Der Einsatz dauerte von Mitte August bis Anfang September. In dieser Zeit konnten wir 135 Patienten behandeln. Manche Patienten kamen mehrfach, da nicht alledringend notwendigen Behandlungen in einer Sitzung durchgeführt werden konnten. So kamen wir am Ende auf 184 Sitzungen, 97 Extraktionen und 224 Füllungen, von denen sehr viele außergewöhnlich groß und damit entsprechend aufwendig waren.
In dieser Zeit gaben wir 926 Schmerztabletten und 362 Antibiotika aus. Und die mobile Zahnarzteinheit – liebevoll Helga genannt – verbrauchte fast 18 Liter destilliertes Wasser zur Kühlung der Bohrer.
Was in keiner Statistik auftaucht, und dennoch so wichtig ist: Viele Patienten kamen mit großer Angst vor dem, was sie beim Zahnarzt erwartet. Bei den Behandlungen wurden nicht nur ihre Zähne versorgt, sondern sie hatten auch eine positive Erfahrung mit einer Zahnbehandlung. Die Liebe, Annahme, das Einfühlungsvermögen und Gebet, welche das Team ihnen gab, haben nicht nur ihre Zähne, sondern auch ihre Seelen berührt. Patienten, die am Anfang mit Zittern und Zähneklappern auf dem Stuhl saßen, kamen das zweite Mal entspannt mit einem Lächeln. Eine Frau, die offensichtlich sehr unter ihrer häuslichen Situation litt, kam nach einer schwierigen Behandlung sehr gerne mehrfach zur Kontrolle und man merkte, wie sie die Liebe und Wertschätzung des Teams aufsog und von Mal zu Mal mehr strahlte. Unser letzter Patient hatte sich lange nicht getraut zu kommen. Aber das, was er vom Team von seinen Verwandten und Freunden hörte,gab ihm doch den Mut dazu. Nach einer zweistündigen Behandlung sagte er: „Heute war es das erste Mal, dass ich ohne Angst zum Zahnarzt gegangen bin.“
Viele weitere Zähne und Patienten hätten eine Behandlung gebraucht, und so können wir uns gut vorstellen, solch einen Einsatz zu wiederholen.
Robert Rinke ist Missionar für Albanien und den Kosovo
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2021 – Januar 2022) erschienen.