Weltmission hat sich verändert. Und damit auch, welche Menschen wie in ihr unterwegs sind und wie Missionsorganisationen wie die Allianz-Mission sie suchen, fördern und begleiten. Ein leidenschaftlich hoffnungsvoller Ausblick.
Joschua ist Gemeindepastor in der philippinischen Metropole Manila. Und er ist ein profilierter Theologe, der viel zu Kontextualisierung im philippinischen Kontext zu sagen und schreiben hat. Ihn wollen wir fördern, damit er promovieren und zukünftig auch über die Philippinen hinaus lehren und wirken kann.
Leonora leitet als gebürtige Muslima heute die einzige Bibelschule im Kosovo. Sie wollen wir dabei unterstützen, Gemeindegründerinnen und -günder für ihren Kontext auszubilden.
Sunday Luyagaza will im ländlichen Tansania bis 2026 für 5400 Haushalte ein erhöhtes Einkommen ermöglichen – durch einen regionalen Honigvertrieb. Ihr verhilft Missionar Adrian Weisensee zur Existenzgründung.
Eliana Janson ist indigene Kulina, im brasilianischen Urwald aufgewachsen und Christ geworden. Sie hilft im Bildungszentrum Marinaha, jungen Kulina eine Ausbildung, Lebensperspektiven und christliche Werte zu vermitteln, und damit ihre Stammeskultur nicht zu zerstören, sondern heilen zu lassen.
Damit auch in Zukunft Gottes Mission erfolgreich ihren Ausdruck in missionarischen Bemühungen von Christen weltweit findet, braucht es besondere Menschen. Menschen, die neue Kompetenzen mitbringen oder dabei unterstützt werden, diese aufzubauen. Schlüsselpersonen in Fragen interkultureller Zusammenarbeit.
„Als westliches Land und Brutstätte der Reformation haben wir in Deutschland die Mittel, die Kompetenz und die richtigen Menschen, um weltweit Menschen mit dem Evangelium zu erreichen.“ Das gehört – zumindestens was die Kompetenzen und Personen angeht – der Vergangenheit an. Im Frühjahr 2022 waren erstmals weniger als 50 % der Deutschen Mitglied einer christlichen Kirche. Schon 2012 wurde Mecklenburg-Vorpommern als atheistischste Region der Welt bezeichnet, wo knapp drei Viertel der Bevölkerung nicht an die Existenz eines Gottes glauben.
Doch auch in Sachen Weltmission entwickelt sich Europa vom sendenden Impulsgeber für Evangelisation und Gemeindegründung weltweit zum Empfänger und Missionsgebiet. Der Missiologe Jim Memory beschreibt in seinem Report zu Europa im vergangenen Jahr: „Im Jahr 1910 stammten über 80 % der Christen weltweit aus dem globalen Norden. Heute leben 85 % aller Menschen und 66 % aller Christen im globalen Süden.“ Globaler Norden steht dabei für priviligierte Staaten, als Gegensatz zu den Ländern des globalen Südens, die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) festgelegt werden als gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich benachteiligte Staaten.
Auch die globalen Missionsbewegungen ändern ihre Richtung. Jim Memory beschreibt treffend: „Wo Mission stattfindet und wer sie durchführt, hat sich völlig verändert. Vorbei sind die Zeiten, als das Motto war ‚From the West to the rest’ (deutsch: Vom Westen in den Rest der Welt).“ Stattdessen ist Weltmission heute „polyzentrisch, polydirektional und polyphon”. Sie hat viele regionale Mittelpunkte, Globale Schlüsselpersonen Bibelschulleiterin Leonora aus dem Kosovo Startup-Gründerin Sunday Luyagaza aus Tansania Missionarinnen und Missionare werden von Brasilien nach Europa oder von Asien in den Nahen Osten gesandt. Und Mission hat viele Stimmen, Kulturen und Hautfarben. Will sagen, auch die missionstheologischen Impulse kommen lange nicht mehr allein aus Europa. Zudem wird spürbarer, was Jay Matenga, Leiter des Missionskomitees der weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), betont: „Die Zukunft der Mission ist einheimisch.“ Es gilt, Menschen in ihrem Kulturkreis und Standort für Mission vor Ort auszurüsten, zu befähigen und vernetzt zu begleiten.
Zukunft der Mission ist einheimisch
Nicht zuletzt sind die Missionsfelder längst nicht mehr alle lokal, wie digitale Lebenswelten von Gaming über Virtual Reality bis zu digitalen Gemeindegründungen, aber auch die Lebensentwürfe von Seeleuten oder Arbeitsmigranten zeigen. 60 Prozent der sogenannten UPG (unreached people groups, deutsch: unerreichte Personengruppen) sind für Ausländer nicht zugänglich, sei es durch eingeschränkte Religionsfreiheit oder politische Krisen. Auch hier braucht es kreative Zugänge und Schlüsselpersonen.
Menschen, die Türen öffnen in neue Lebensräume, sei es Gaming oder digitale Gemeindegründung. Menschen, die Wegbereiter werden, in ihrer Kultur und ihrem Kontext Menschen für Jesus zu gewinnen, Leben ganzheitlich und nachhaltig zu verbessern. Und nicht zuletzt Menschen, die Ermöglicher werden, d. h. für all diese Menschen Vernetzung, Unterstützung, Aus- und Fortbildung ermöglichen. Die gute Nachricht ist: Es gibt solche Menschen schon jetzt. Menschen wie Joschua, Leonora, Sunday oder Eliana. Und es braucht noch mehr dieser Menschen.
So wird auch die Rolle der Allianz-Mission sich verschieben. Das ist eine der Erkenntnisse, die wir intensiv in einem ThinkTank zur Zukunft der Allianz-Mission im vergangenen Jahr erarbeitet haben. Die Rolle wird sich wandeln: von einer klassischen westlichen Missionsorganisation, die deutschstämmige Missionarinnen und Missionare in den Rest der Welt entsendet, hin zu einem innovativen Netzwerkpartner einer globalen Missionsbewegung, die sich hier in Europa und weltweit einbringt, um zu vernetzen, zu ermöglichen, auszurüsten und zu befähigen. Einer Bewegung, die Missionarinnen und Missionare empfängt und für den Dienst in Deutschland vorbereitet, die Menschen an allen Enden der Welt ausstattet und begleitet, ihren Dienst zu tun, und die – auch weiterhin – Missionarinnen und Missionare begleitet, die ihrem Ruf von Gott und ihrer Sendung von Gemeinden hier in Deutschland ins Ausland folgen.
Mission als globales Netzwerk
Wir werden von Gebern zu Lernenden. Wir schauen und gehen in viele Länder und fragen: Wo sind solche Schlüsselpersonen, denen wir dienen können? Wo sind Türöffnerinnen für neue Welten von verschlossenen Ländern bis zu Online-Welten? Wo sind Wegbereitende für neue Pfade, von Business for Transformation bis zu digitalen Gemeindegründungen? Was können wir von ihnen lernen? Was mit ihnen neu beginnen? Diese Suche begehen wir nicht allein, sondern mit starken Partnern weltweit.
Bei allem, was sich ändert, bleiben die biblischen Aufträge gleich: „Jeder soll dem anderen mit der Begabung dienen, die ihm Gott gegeben hat.“ (1. Petrus 4,10) „Lass Gottes Gabe voll in dir wirksam werden.“ (2. Timotheus 1,6) Und demütig der globalen Gemeinde Jesu und all ihren neu entstehenden Gesichtern gegenüberstehen und mit Paulus anerkennen: „Niemand hat ein Recht, auf dich herabzusehen, weil du noch so jung bist.“ (1. Timotheus 4,12) Gott gibt die Gaben, er entfacht sie im Leben von Menschen. Unsere Aufgabe ist es, sie im Leben von Menschen weltweit zu entdecken und anzufachen. Und uns lernend überraschen zu lassen.
Simon Diercks ist Leiter Communication & Media und Church Relations
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (August – Oktober 2022) erschienen.