Damit die Ernte nicht ausbleibt

Damit die Ernte nicht ausbleibt

Wie nachhaltige Mission in Mali ankommt

Karsten Pascher berichtet im Interview, wie Menschen in Mali von einem nachhaltigen Saatgut-Projekt profitieren, und über Fehler und Chancen solcher Projekte.

Karsten, du bist seit 27 Jahren Missionar der Allianz-Mission in Mali. Warum Mali?

Gott hat mir früh deutlich gemacht, dass er möchte, dass ich Medizin studiere und dann als Missionsarzt arbeite. Da war aber das Land noch nicht klar. Als ich mit meiner Ausbildung fertig war, wurde von der Allianz-Mission aus in Mali ein Missionsarzt gebraucht. In Mali haben wir uns sehr wohl gefühlt, kamen gut mit den Menschen zurecht und haben das Land lieben gelernt. Aufgrund der veränderten Sicherheitslage in Mali ist unser Lebensmittelpunkt heute in Leipzig. Hier verdiene ich meinen Lebensunterhalt und fliege mit meiner Frau zwei Mal im Jahr nach Mali. Auch unsere Rolle ist so eine andere geworden: Wir sind weniger selbst aktiv, sondern eher begleitend und beratend.

In Mali hat die Allianz-Mission ein Saatgut-Projekt initiiert. Was hat es damit auf sich?

Das ist so nicht ganz richtig: Die Initiative kam von malischen Christen. Die Klimaveränderung wirkt sich in Mali so aus, dass die Trockenzeit immer länger wird und es auch in der Regenzeit längere Zeiten ohne Regen gibt. Das einheimische Saatgut ist dafür nicht mehr geeignet. So wurde in Mali selbst Saatgut entwickelt, das resistenter ist gegen Dürre und schneller reift. Die Landwirte mit diesem Saatgut vertraut zu machen, ihnen zu helfen, sich das teurere Saatgut leisten zu können, damit dann auch ihr Feld zu bestellen und bei gleicher Arbeit bessere Erträge zu erzielen – das ist Inhalt dieses Projektes.

Wie sind Einheimische dabei beteiligt?

Es sind fast nur Malier beteiligt. Die Idee kam von ihnen, die Umsetzung des Projektes wird von unserer malischen Partner-Hilfsorganisation durchgeführt und auf den Feldern arbeiten auch nur Malier. Unser Beitrag ist eigentlich nur der, das Geld für das Projekt zur Verfügung zu stellen, das Ganze zu begleiten und hier und da etwas Knowhow zum Projektmanagement mit einfließen zu lassen.

Welche Fehler habt ihr gemacht?

Natürlich macht man am Anfang Fehler. Und wenn man die nicht analysiert und überlegt, wie man sie abstellen kann, dann entwickelt sich so ein Projekt auch nicht. Ich versichere unseren malischen Partnern immer wieder, dass sie Fehler machen dürfen. Dass wir gar nicht von ihnen erwarten, dass alles schon perfekt läuft. Unser größter Fehler im letzten Jahr war, dass wir zu spät mit der Finanzierung waren. Wir wussten noch nicht, wieviel Spenden zusammenkommen, und so konnten die Malier auch erst recht spät mit der Umsetzung anfangen. Da hatte der Regen schon eingesetzt, die Aussaat war recht spät und die Regenzeit dann deutlich kürzer als erwartet. So waren die Erträge nicht so, wie wir uns das eigentlich erhofft hatten. Anderseits konnten die Bauern, die mit traditionellem Saatgut gearbeitet haben, zum Teil gar nicht ernten.

Welche langfristigen Auswirkungen erhoffst du dir?

Das Interessante an diesem Projekt ist, dass dieses Saatgut nicht einfach verteilt wird, die Bauern freuen sich, stehen aber im nächsten Jahr wieder mit leeren Händen da. Wenn sie stattdessen etwas von der Ernte für das nächste Jahr zurücklegen, können sie das wieder als Saatgut verwenden. Es nimmt langsam an Qualität ab, aber trotzdem kann man das Saatgut viele Jahre verwenden. Außerdem wünschen wir uns, dass auch andere Landwirte sehen, wie gut das funktioniert, und umschwenken auf dieses Saatgut. Und es vielleicht sogar bei denen kaufen, die schon Erfahrungen damit gemacht haben. So kann ein ganz neuer Markt entstehen.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich als Christ und Missionar?

Das Wichtigste für mein Verständnis von Nachhaltigkeit ist nicht, dass ein Projekt über Jahre Bestand hat, die Abhängigkeit von außen kleiner wird und die Leute das selbst in die Hand nehmen. Zentral ist für mich, dass Menschen ihre eigene Würde wahrnehmen und erkennen, dass sie wertvoll sind. Dass sie selber in der Lage sind, ihre Zukunft in die Hand zu nehmen. Da bin ich so froh, dass ich den Menschen dort als Christ begegnen kann. Also als jemand, der seinen Wert genauso wie sie in Gott hat und der genauso wie sie abhängig ist. Aber eben nicht von anderen Menschen, sondern von Gottes Liebe und seiner Gnade.

Was braucht Mali geistlich und nachhaltig deiner Meinung nach jetzt?

Das Wissen darum, dass sie nicht am Ende der Skala stehen. Wie beim Weltentwicklungsindex, wo Mali an viertletzter Position auftaucht. Sondern dass die Malier bei allen Problemen in ihrem Land und unter den verschiedenen Volksgruppen, die dort leben, Menschen sind, denen Gott ihre Würde gibt, der sicher kein Ranking hat, wo sie am Ende der Skala auftauchen.

Wie sieht nachhaltige Missionsarbeit heute aus?

So wie eigentlich immer schon: Wir wollen Menschen helfen, Jesus nachzufolgen und nicht uns oder unseren Werten. Wir wünschen uns, dass sie in allen Bereichen ihres Lebens von ihm abhängig werden und nicht von irgendeinem Geldgeber, einer Missionsgesellschaft oder einer einflussreichen Persönlichkeit. Das bedeutet für uns, dass wir mitanpacken, mit den Maliern zusammen schauen, was unser Platz dabei ist. Aber dass dabei auch unser Hauptanliegen ist, Malier in einem authentischen und ihrer Kultur entsprechenden Christsein zu unterstützen. Und nicht uns oder anderen ein Denkmal zu setzen.

Welches nächste nachhaltige Projekt für Mali brennt dir auf dem Herzen?

Es gibt im Senegal ein Projekt, in dem nachhaltige ökologische Landwirtschaft verbunden wird mit Jüngerschaft. Darin werden einheimische Christen geschult, die zum einen lernen, wie sie mit den Ressourcen ihres Landes so umgehen können, dass sie für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Und die außerdem ganz praktisch mit Jesus leben und ihm vertrauen. In Mali gibt es Initiativen, so etwas auch dort zu verwirklichen. Davon träume ich.

Gerlind und Karsten Pascher sind von Deutschland aus Missionare in Mali

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2018 – Januar 2019) erschienen.