Wie soll man das Evangelium in einem Land verbreiten, in dem nach aktuellen Umfragen die Christen als am wenigsten vertrauenswürdig eingeschätzt werden? Gott rief Manuela Jung 1993 nach Prag, wo sie sich seitdem dafür einsetzt, dass jedes tschechische Kind von Jesus hört.
Vor ein paar Tagen hörte ich bei einer Autofahrt in den Nachrichten das Ergebnis einer aktuellen Meinungsumfrage zum Thema, welche Personengruppen und Institutionen die Bevölkerung als vertrauenswürdig erachtet. Ganz oben auf der Leiter stehen Polizei (70%) und Armee (69%), ganz unten Politiker (26%) und Kirchen (24%). Ich war geschockt. Wir Christen stehen an unterster Stelle. Woher das wohl kommt? Und was können wir dagegen tun? Eine große Herausforderung.
Kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erreichte mich der Ruf von Christen aus Prag: „Komm herüber und hilf uns!“ Sie hatten mich als Kindermissionarin bei einer Zeltmission in Ostdeutschland erlebt und waren begeistert. „Solch lebendige evangelistische Programme brauchen wir auch für unsere Kinder.“ Es folgten erste Besuche und Dienste, 1993 reiste ich dann als Missionarin aus und lebe seitdem in Prag. Während der kommunistischen Herrschaft waren die Gemeinden in ihrem Wirken stark eingeschränkt. Nun gab es ganz neue Möglichkeiten – Gott sei Dank!
Mein großes Herzensanliegen war und ist, dass jedes Kind in Tschechien die Gute Nachricht von Jesus Christus erfährt – anschaulich und lebensnah. Da ich alleine in der direkten Arbeit mit Kindern wohl recht wenig erreichen kann, legte ich meinen Arbeitsschwerpunkt auf Multiplikation: Gemeindemitarbeiter und Eltern in der christlichen Kindererziehung und der Arbeit mit Kindern unterstützen.
Es gibt wohl kaum eine Gemeinde in Tschechien, die nicht zumindest teilweise von dem vielfältigen Angebot profitiert.
In den ersten Jahren war ich häufig zu Mitarbeiterschulungen im ganzen Land unterwegs. Später verlagerte sich die Schulungsarbeit auf Onlinekurse und meine Bücher. Weit verbreitet sind auch meine didaktischen Arbeitsmaterialien für Kindergottesdienstmitarbeiter und die christlichen Lieder meines Kinderchors „Klauníci“. Es gibt wohl kaum eine Gemeinde in Tschechien, die nicht zumindest teilweise von dem vielfältigen Angebot profitiert.
Ich erlebte, wie Gott mir im Laufe der Jahre immer wieder die passenden Mitarbeiter an die Seite stellte. Und ich selbst durfte mit der Arbeit wachsen und erlebte Gottes Durchtragen auch in nicht einfachen Phasen des Dienstes. Aus kleinen Anfängen ist eine Organisation mit inzwischen dreißig Mitarbeitern erwachsen: „Hope4kids“ (deutsch: Hoffnung für Kinder). Der Arbeitsschwerpunkt hat sich in den letzten Jahren auf eine prä-evangelistische Arbeit verschoben: Ethik-Workshops an Schulen. So war meine Arbeitszeit überwiegend mit Mitarbeiterführung und Verwaltungsaufgaben gefüllt. Es war mir wichtig, „Hope4kids“ auf eine gute Grundlage zu stellen, die für die Zukunft auch weiteres Wachstum ermöglicht.
Sehr oft sind unsere Mitarbeiter die ersten Christen, denen die Kinder und Jugendlichen persönlich begegnen.
Die Ethik-Workshops sind eine große Möglichkeit, ethische Werte auf christlicher Basis in die breite Gesellschaft hinauszutragen und der jungen Generation positive Werte mit auf den Lebensweg zu geben. Sehr oft sind unsere Mitarbeiter die ersten Christen, denen die Kinder und Jugendlichen persönlich begegnen.
Die Leitung von Hope4kids habe ich nun im vergangenen Sommer in andere Hände übergeben und starte gerade mit einer neuen Organisation durch, mit der ich meinen ursprünglichen Arbeitsschwerpunkt weiterführe: Gemeindemitarbeiter und Eltern in der christlichen Kindererziehung und der Arbeit mit Kindern unterstützen. Eine Kindergottesdienstmitarbeiterin schrieb: „Eure Angebote sind für mich ein Brunnen voller Inspiration.“
Das wünsche ich mir auch für diese neue Phase meines Dienstes. Inzwischen ist eine neue Generation an Kindergottesdienstmitarbeitern und Eltern herangewachsen – sie möchte ich unterstützen und inspirieren. Auch meine Erfahrungen im Bereich Teamleitung und Öffentlichkeitsarbeit würde ich gerne an Gemeinden weitergeben.
All das soll mit dazu beitragen, dass Christen in Tschechien nicht weiter als Teelichter unterwegs sind, sondern dass die Gemeinden als Leuchttürme leuchten, lebendiges Christsein nach außen tragen und den Menschen in ihrer Umgebung den Weg zum lebendigen Gott zeigen. Und wenn es dann in zwanzig Jahren wieder eine Meinungsumfrage in der Bevölkerung gibt, wünsche ich mir sehr, dass die Christen am Anfang der Liste stehen und das Vertrauen der Menschen genießen.
Manuela Jung ist Missionarin in Prag, Tschechien
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Februar-April 2020) erschienen.