UJAMAA – Schnitzvorlage für Partnerschaft

UJAMAA – Schnitzvorlage für Partnerschaft

Wie gestaltet die Allianz-Mission interkulturelle Partnerschaft und welche Werte leiten uns dabei? Missionarin Annette Schumacher berichtet, was sie von der tansanischen Kultur gelernt hat.

Von Partnerschaft und UJAMAA

Kennen Sie die Ujamaa-Skulpturen aus Tansania? Ihre schwarzen Ebenholz-Figuren verrichten landestypische Arbeiten, wobei sie einander stützen und tragen. Ihre Körper sind zum „Lebensbaum“ zusammengeschnitzt. Ujamaa steht in der Landessprache Suaheli für Gemeinschaft und Familie. Im jungen, unabhängig gewordenen Tansania der Sechzigerjahre wurde Ujamaa zum Symbol einer sozialistisch geprägten Politik. Seither hat sich viel verändert und das Land hat sich politisch und wirtschaftlich gewandelt. Geblieben sind die kulturelle Seite von Ujamaa und das Leben in einer Beziehungskultur, in der sich der Einzelne über die Gruppe und ihren Zusammenhalt definiert.

Ich möchte anhand der Ujamaa-Figur veranschaulichen, wie sich Missionsarbeit bis heute in organischer Weise gestalten und Partnerschaft als Gemeinschaft verstanden werden kann.

Partnerschaft vorbereiten – die Schnitzvorlage

Dass kulturelle Vielfalt in der Schöpfung angelegt ist, weckt in uns Missionaren die Vorfreude auf eine schöpferische, vielseitige und garantiert spannende Zusammenarbeit! Im Missionsalltag angekommen, wird allerdings klar, dass die Unterschiedlichkeit auch Schattenseiten und Reibungen mit sich bringt. Denn sowohl Ujamaa-Kultur als auch westlicher Individualismus haben ihre Schwächen und sind erlösungsbedürftig. Wie befreiend, wenn man mit den einheimischen Partnern erlebt, dass Jesus Christus als Herr der Mission Vergebung und Veränderung schenkt. Er möchte uns gemeinsam zu fruchtbaren „Lebensbäumen“ schnitzen, deren „Blätter zur Heilung der Völker“ dienen (Offenbarung 22,2).

Teil einer Gemeinschaft werden – Leben teilen

Wir Missionare kommen in die tansanische Beziehungskultur und erleben, wie gastfreundlich wir aufgenommen werden. Das uns entgegengebrachte Vertrauen gibt Zugang zu Beziehungen und bietet viele offene Türen. Das Leben zu teilen hat einen hohen Stellenwert. Jeder übernimmt in der Sippe Arbeit und Verantwortung. So werden jüngere Cousins mit Schulgeld versorgt oder notleidende Verwandte „durchgefüttert“. Für Viele ist das selbstverständlich, denn alle haben bereits Hilfe von der Sippe erfahren: „Einheit macht stark“ (Umoja ni nguvu). Einige empfinden dabei den Druck, ihre persönlichen Interessen zugunsten der Sippe zurückstellen zu müssen. Wir Missionare rätseln oft, wie man trotz schlechter Absicherung und Ernten, ohne zu klagen Schulgelder und Mittel für Hochzeit oder Beerdigung aufbringt. Das ist Überlebenskunst. Notvoll bleibt, mit ansehen zu müssen, wie Menschen durchs Sippenraster fallen und in Armut verkommen. Wer als Missionar sein Leben teilt, staunt, wie man auch mit wenig helfen kann und sich dabei langjährige Freundschaften entwickeln. Dass eine gesunde Balance zwischen dem Teilen des Lebens und Abgrenzung nötig ist, um sich nicht zu verzetteln, bleibt eine tägliche Herausforderung.

Partnerschaft leben – Gaben und Mittel teilen

Die Geschichte der Allianz-Mission in Tansania wurzelt in der persönlichen Begegnung zwischen dem damaligen Missionsleiter Heinz Müller und Erzbischof Methuselah Nyagwaswa. Daraus ist eine Partnerschaft mit der Afrika Inland Kirche (AICT) und später auch anderen Organisationen gewachsen. Wir Missionare arbeiten als integrierte Fachkräfte, die sich in verschiedenen Bereichen zur Stärkung der Gemeinde Jesu einbringen. Der tansanische Partner bietet uns Arbeitsfelder und hilft in Wohn- und Arbeitsfragen sowie mit Behörden. Projektgelder wirken unterstützend mit dem Anliegen, dass Gelder keine eigenständigen Ansätze ersticken. Im Spannungsfeld von Kirchenhierarchie und Kultur ist es nicht immer leicht, gemeinsame Entscheidungen umzusetzen, Verantwortung zu stärken und Gespräche auf Augenhöhe zu führen. Doch gemeinsame Erfolge und Prozesse schweißen umso mehr zusammen. Das Ujamaa-Denken bleibt für alle Beteiligten ein Lernfeld und eine große Chance, einander zu tragen und zu entlasten und dennoch Weite zu üben.

Missionsarbeit ist im Wandel. Doch sie wird auch in Zukunft ein Miteinander-Wachsen und Zuarbeiten in gegenseitiger Wertschätzung bleiben. „Blätter der Heilung“ für Notleidende zu vermitteln, das ist unser gemeinsamer Auftrag, bis wir einmal vor Gott stehen. Danke, wenn Sie für uns beten, damit wir in unseren Partnerschaften wachsen und Hoffnungsträger zur Ehre Gottes sind.

Annette Schumacher ist Missionarin in Mwanza, Tansania

Dieser Artikel ist im Zuge unseres Magazins move (Mai – Juli 2021) entstanden.