Wie wird man Gemeindegründer/in?

Wie wird man Gemeindegründer/in?

Dominik Seeger im Interview mit Natanael Barrios Rivero und Tobi Müller über den Gründertag der Inland-Mission und der Allianz-Mission.

Im vergangenen Oktober veranstaltete die FeG Inland-Mission und die Allianz-Mission den 1. gemeinsamen Gründertag. Sie luden in dillenburgs Café Cross und die Räumlichkeiten der FeG ein, um sich mit dem Thema Gemeindegründung im In- und Ausland auseinanderzusetzen. Thomas Schech, Missionsleiter der Allianz-Mission, und Sascha Rützenhof, Leiter der Inland-Mission, moderierten die Veranstaltung. Gemeindegründer erzählten aus ihren Projekten und Initiativen. Es wurde sich vernetzt, kreativ von zukünftigen Gemeinden geträumt und Fragen hatten Raum. Egal, ob man bereits gründet, sich darauf vorbereitet oder das erste Mal die Frage stellt, ob ein Gründer oder eine Gründerin in einem steckt – für jeden war etwas dabei.

Ich habe mit Natanael Barrios Rivero und Tobi Müller gesprochen, die berichten, wie sie den Gründertag erlebt haben. Natanael kommt von Gran Canaria und hat in Deutschland Theologie studiert. Er bereitet sich darauf vor, mit der Allianz-Mission als Missionar nach Gran Canaria zurückzugehen, um dort Gemeinde zu gründen. Tobias ist seit zwei Jahren Pastor und Gründer der FeG Gemeindegründungsinitiative Bayreuth.

Was hat den Gründertag für dich besonders gemacht?

Natanael: „Ich stehe ganz am Anfang einer neuen Gemeindegründung. Der Tag war für mich nochmal eine Bestätigung, dass ich am richtigen Platz bin, mit der richtigen Motivation und dem richtigen Fokus. Gleichzeitig war es eine Ermutigung. Es ist gut zu wissen, dass man Sachen neu ausprobieren, Fehler machen und auch wieder von vorne anfangen kann. Gemeindegründung ist ein Lernprozess in sich selbst. Man hat Puzzlestücke und Gott kennt das Bild, das am Ende daraus entsteht. Wir probieren hin und her bis alles passt: Erstmal die Kanten des Puzzles zusammenfügen und dann die Mitte oder erstmal die Mitte und dann die Kanten. In jedem Fall ist es wichtig zu merken, dass Gott uns bei allem begleitet. Konkret kommt mir Walter Josi mit seiner Geschichte und seiner Gemeinde in Österreich in den Sinn. Er sagte immer wieder: „Hey, ohne Jesus geht das nicht.“ Es ist wichtig, sich das wirklich bewusst zu machen, dass wir als Gemeindegründer nicht allein dastehen, sondern dass Jesus in unserem Team ist und wir jeder Zeit mit ihm rechnen können.“ 

Tobias: „Ich fand den Gründertag besonders, weil ich vor allem durch die drei Referenten, die da waren, ganz unterschiedliche Personen, ganz unterschiedliche Kirchen und ganz unterschiedliche Weisen zu arbeiten kennengelernt habe. Obwohl ich das schon aus der Inland-Mission kannte, hat es mich beeindruckt, wie unterschiedlich die Gründer sein können, wie unterschiedlich dementsprechend die Gemeinden werden und wie jedes Projekt einen tollen Beitrag leistet an den Orten, wo sie sind. Man hat gesehen, dass Gemeindegründung ein weites Feld ist und es nicht einen Typus von Gründer oder Gründerin gibt, sondern dass es eine große Bandbreite gibt, sei es in der Form, sei es theologisch.“

Wen hast du interessantes kennengelernt? 

Tobias: „Zum einen die Redner Erwin Schwindt (Kirche für Bonn), Arne Buschmann (FeG Duisburg City) und Walter Josi (Kirche im Novum – Österreich, Imst). Aber auch in der Talkrunde kamen unterschiedliche Funktionsträger zu Wort, die ich alle interessant fand. In der Mittagespause beim Burger essen habe ich Natanael kennengelernt. Es war richtig cool zu hören, dass er zum Gemeinde gründen wieder dort hingeht, wo er herkommt. Das hat mich richtig begeistert.“

Natanael: „Es gab eine gute Mischung von Persönlichkeiten und unterschiedlichen Projekten und das hat mich angesprochen – diese Vielfalt im Bereich von Gemeindegründung zu sehen. Trotzdem war eine Einheit zu spüren. Das fand ich interessant.“

Was empfiehlst du jemanden, der sich fragt, ob er für Gemeindegründung infrage käme, aber noch zweifelt? 

Natanael: Erstens, nicht zu erschrecken, denn es kann sich sehr herausfordernd anhören und das ist es auch. Wenn dich aber Gott dazu berufen hat, dann wird er auch an deiner Seite stehen.  Zweitens, sprich es in deiner Gemeinde, Zuhause und bei Freunden an. Beschäftige dich mit dem Thema und bring es vor Gott ins Gebet. Nimm außerdem an solchen Veranstaltungen wie dem Gründertag teil und sprich Leute an. Höre ihre Geschichten, lerne und schaue, wie andere Gemeindegründung erlebt haben. Stelle so viele Fragen wie du kannst. Sprich über deine Ängste und Zweifel. Gemeindegründer sind normale Menschen, die genau wie du berufen wurden und erlebt haben, was du gerade erlebst. Lasse dich begleiten.

Als Teil der Allianz-Mission, aber auch bei diesem Event hat man gemerkt: Man steht nicht allein im kalten Wasser, sondern es gibt genug Ressourcen. Es gibt Gemeindegründer, die mit ihren Erfahrungen für dich da sind und konkrete Unterstützung anbieten, um das Ganze bestmöglich zu erleichtern und erfolgreich zu gestalten. 

Tobias: Suche direkten Kontakt zu den Organisationen – also zum Beispiel zur Inland-Mission und zur Allianz-Mission – und komme mit ihnen ins Gespräch. Es wurden am Gründertag auch verschiedene Möglichkeiten vorgestellt: Seminare mit Fachwissen oder Assessments, um Handwerkszeug an die Hand zu bekommen. Ich würde außerdem empfehlen, mit Gründerinnen und Gründern ins Gespräch zu kommen und konkrete Fragen zu stellen. Meine Erfahrung ist, dass das sehr weiterhilft.

Auf dem Gründertag wurden mir viele Fragen zu meinen Erfahrungen mit Gemeindegründung gestellt; spezifische Fragen, die meine Gesprächspartner beschäftigt haben. Ich konnte ihnen meine subjektive Sicht auf die Dinge teilen. Aus meiner Erfahrung antworten viele Gründer sehr ehrlich und authentisch.

Tobias, was hat dich inspiriert und was nimmst du für deinen Dienst mit?

In der Talkrunde ist mir nochmal klar geworden, dass man auch Scheitern kann. Ich empfand es als inspirierend darüber nachzudenken, dass Scheitern keinen großen Verlust bedeutet. Die Gemeinde, die gegründet wurde, gab es vorher nicht. Man macht nichts kaputt und das bringt einen großen Raum für Fehlerfreundlichkeit mit sich. Das nehme ich nochmal für mich als Gründer mit und als Grundgedanken, dass Gemeindegründung potenziell viele Chancen hat. Natürlich steckt viel Geld darin, aber du machst kein System kaputt, wenn es nicht gelingt. Diese Perspektive gibt viel Mut, Dinge auszuprobieren

Vielen Dank für den Einblick in den Gründertag und Gottes Segen für euren Dienst!

Dominik Seeger, Missionar der Allianz-Mission auf Gran Canaria, Pastor einer internationalen Gemeinde und Teamleiter der Region Kanarische Inseln.

Dieser Artikel ist in Zusammenhang mit unserem Magazin move (November 2021 – Januar 2022) erschienen.