Reiner und Angela Jursch sind seit 2001 Missionare in Belgien. Dort gründen sie derzeit eine Gemeinde in Heusden-Zolder.
Gemeindegründung hat sich, seit wir vor 20 Jahren nach Belgien kamen, ziemlich gewandelt. Soziale Medien kamen auf, Informationsflut aus dem Internet, die Menschen kennen immer weniger vom Evangelium, Werte haben sich geändert. Menschen sind gegenüber Institutionen misstrauisch geworden und gleichzeitig viel mündiger. Es wird weniger nach Wahrheit gefragt als vielmehr nach authentischen Beziehungen.
Um mit Menschen in Kontakt zu kommen, braucht es Begegnungen und viel Zeit. Direkt loserzählen schreckt eher ab. Deswegen wollen wir erst Liebe leben und dann von Jesu Liebe reden. Das tun wir, indem wir uns einer Tafelarbeit angeschlossen haben. Außerdem arbeiten wir im Schulrat und bei anderen Gelegenheiten mit. So setzen wir uns mit anderen für das „Beste der Stadt“ ein. Werden wir angesprochen, sprechen wir von unserem Glauben. Wir freuen uns, wenn die Menschen so auf eigene Initiative kleine Schritte weiter vorangehen und wir Begleiter sein können.
Angela erzählt: „Ich habe Gott gebeten, mir Menschen zu zeigen, die er erreichen möchte. So habe ich seit Längerem für eine Frau aus unserer Straße gebetet. Lange hat sich nichts getan und ich war auch etwas enttäuscht. Plötzlich stand sie vor unserer Tür. Sie weiß, dass ich als Freiwillige bei der Tafelarbeit jeden Dienstag mitarbeite, und fragte, ob sie dort mithelfen kann. Nun sitzen wir jeden Dienstag in derselben Gruppe, sortieren Kleider und anderes. Mein Gebet ist, dass wir durch die gemeinsame Arbeit mehr Kontakt miteinander bekommen und Gelegenheiten entstehen, von meinem Glauben zu erzählen.“
Da sich Menschen heute selbst erstmal ein Bild machen wollen, lesen wir selbst in der Bibel und legen den Fokus weniger auf das Hören. Was jemand selbst in der Bibel entdeckt hat und später anderen mitteilt, wird stärker verinnerlicht als das Hören einer Predigt. Die Entdeckungen teilen wir in kleinen Gruppen, sind füreinander da und beten. „3D“ nennen wir das, übersetzt „3 Jünger“. Das ist die kleinste Zelle in unserer Gemeinde und mithin auch die wichtigste, denn da geschieht Veränderung. Wir staunen, wie sehr unsere Gemeindemitglieder in den 3D-Gruppen wachsen.
Wie kommt nun das ganze Bibelwissen in den Alltag? Unsere Antwort: alltägliche Themen im Gottesdienst. Die eignen sich auch für Außenstehende, um zu begreifen, dass Glaube auch etwas mit ihrem Leben zu tun hat. Im Gottesdienst stoppt die Beteiligung nicht, es gibt Fragen und die Menschen können aus ihrer Erfahrung erzählen, zur Bereicherung aller. Die Rolle des Gottesdienstleiters bzw. Verkündigers verändert sich damit grundsätzlich vom Lehrer zum Begleiter. Er muss nicht nur geben, sondern er empfängt auch aus dem reichen Schatz aller im Gottesdienst. Ich, Reiner, genieße jeden Gottesdienst, wenn meine Gedanken aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln ergänzt werden.
Es geht eigentlich um ein Gesamtpaket. Durch die 3D-Gruppen wachsen wir selbständig und gemeinsam im Glauben. Den erfahrenen Segen können wir danach in unserem Engagement für Heusden-Zolder und im Gottesdienst weitergeben, sodass Jünger wachsen und wieder neue Jünger dazukommen.
Reiner und Angela Jursch sind Missionare in Heusden-Zolder, Belgien
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2021 – Januar 2022) erschienen.