Dr. Karsten Pascher wagt den Start mit Kleinkrediten für die Ärmsten in Mali. Nach einem Jahr werden seine Erwartungen übertroffen.
Vor zwei Jahren haben wir ein Projekt gestartet, damit einkommensschwache Mitglieder unserer Partnerkirche mit fast zinsfreien Kleinkrediten ihren Lebensunterhalt aufbessern können. Die Vorbereitungen, Beratungen, Gespräche mit Kirchenvertretern brauchten fast ein Jahr. Und es gab auch Kritik: Das Geld würden viele nicht zurückzahlen. Die Kredite würden die Menschen eher in Schwierigkeiten bringen. Die maximalen Kleinkredite von 150 Euro seien zu gering, um damit wirklich etwas anfangen zu können.
Auch Etienne, der Hauptverantwortliche in diesem Projekt, und ich waren unsicher. Aber unsere Motivation war, dass vielen Menschen hier der Startpunkt fehlt, um zu etwas Geld zu kommen. Wer von einem Tag auf den anderen leben muss, dem gelingt es nicht, das nötige Startkapital für ein Miniunternehmen zusammen zu bekommen.
Mit großer Geduld haben Etienne und Ely Kirchen besucht, das Projekt erklärt, Schulungen durchgeführt. In jeder beteiligten Kirche haben sie ein Komitee eingesetzt, das die kreditwürdigen und bedürftigen Mitglieder auswählt und begleitet. Unterschiedliche Ideen wurden verwirklicht: An- und Verkauf von Holzkohle, Herstellung von Erdnussbutter, Schuhverkauf, Kleintierzucht oder ein Miniladen.
Wer alles ordnungsgemäß zurückzahlt, sollte im nächsten Jahr erneut einen Kredit erhalten. Bei fehlender Rückzahlung wird seine Ortsgemeinde für drei Jahre „gesperrt“. Das klingt hart, aber eine gewisse soziale Motivation hilft oft.
Jetzt ist ein Jahr rum. Etienne kommt gerade von einer Reise zurück, bei der es um die Rückzahlung der Kredite ging, und alle 30 Kreditnehmer haben ordnungsgemäß und pünktlich zurückgezahlt. Nur wenige haben Probleme mit ihrem Projekt gehabt: Mal ist eine Ziege gestorben oder die Waren wurden teurer als geplant. Fast alle haben Profit gemacht und ihr Leben ein bisschen verbessern können. Aber es sind nicht nur die 150 Euro gewesen. Sie haben gelernt: aus Erfolg wie aus Fehlern. Sie sind ein Stück weiter gekommen darin, ihr Leben auch in finanziellen Dingen in die Hand zu nehmen und nicht auf die Hilfe anderer zu hoffen. Und sie können besser planen, rechnen und den zu erwartenden Erfolg abschätzen.
Etienne, Ely und ich sind sehr ermutigt: Die Vorbereitung hat sich gelohnt. Ihr Einsatz hat sich ausgezahlt. Die unzähligen Telefonate mit den Miniunternehmern waren nicht umsonst. Das Projekt kann in die nächste Phase gehen.
Dr. Karsten Pascher ist Missionar für Mali
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (August – Oktober 2023) erschienen.