Großstadtevangelium

Großstadtevangelium

Steffen Weil ist Teil eines Gemeindegründernetzwerkes. Diese Netzwerke haben zum Ziel, Städte durch das Evangelium verändert zu sehen.

Städte durch das Evangelium zu verändern klingt zu abstrakt? Nur so lange, bis Sie der Frau gegenüberstehen, die fröhlich Regale im Supermarkt einräumt und erklärt, dass sie verstanden hat, wie sehr sie durch ihre Arbeit Gott widerspiegelt, zu dessen Leidenschaften es zählt, aus Chaos Ordnung zu machen. Oder dem Banker, der einen neuen Zugang zu Geld und Zahlen bekommen hat, weil er verstanden hat, dass Gott in Jesus bereits für alles bezahlt hat. Das sind nur zwei Beispiele, die beschreiben, wie es aussehen kann, wenn das Evangelium Menschen in ihrer Identität verändert, und als Folge davon ihr Tun.

Als vor einigen Jahren einer der Gründer und Leiter von Redeemer City to City die Frage gestellt hat: „Was würde passieren, wenn die 50 einflussreichsten Städte Europas durch das Evangelium der Gnade verändert würden? Was würde sich verändern?”, hat uns das noch mal neu inspiriert.

Wenn das Evangelium wirklich eine Kraft (griechisch: dynamis) Gottes ist, die jedem, der glaubt, Rettung bringt und durch die Gott seine Gerechtigkeit zeigt (Römer 1,16-17), ist es genau dieses Evangelium, was die Menschen in unseren Städten brauchen.

Diese Gedanken haben dazu geführt, dass sich aus einem Netzwerk, das bisher seinen Hauptfokus auf Gemeindegründung in Großstädten hatte, ein Netzwerk wurde, für das Gemeindegründung ein Baustein ist auf dem Weg zu einer Bewegung des Evangeliums in unseren Städten.

Neben der Gründung von Gemeinden sind es Stadtnetzwerke, deren Entstehung wir fördern wollen. Stadtnetzwerke, in denen die unterschiedlichsten Projekte, Kirchen, Denominationen und Organisationen aufgrund einer gemeinsamen Reich-Gottes-Perspektive zusammenarbeiten – wirklich zusammenarbeiten.

Stadtnetzwerke, in denen sich Gemeinden auf den Weg machen, um von Konkurrieren oder Koexistieren über Kommunizieren und Kooperieren zu Kollaborieren – zusammenzuarbeiten in dem Bewusstsein, dass wir gemeinsam viel mehr erreichen können als jeder für sich. Eine Mentalität, die im individualistischen Europa noch viel Luft nach oben hat…

Dafür gründen wir Gemeinden und stellen Leitenden, die die Kraft des Evangeliums in jeden Bereich des Lebens einer Großstadt bringen wollen, inhaltliche Ressourcen zur Verfügung. Wir wollen eine europaweite Bewegung von Leitenden initiieren und unterstützen, die alte Strukturen erneuern und neue Ausdrucksformen des Evangeliums der Gnade für das Gemeinwohl schaffen.

Stellen Sie sich mal kurz vor, dass in den Bereichen Sport, Kunst, Kultur, Politik und Handwerk aus unseren Städten wieder Evangeliumsimpulse ausgehen, weil Sportler, Künstler, Politiker, Handwerker, Männer und Frauen durch die Kraft des Evangeliums verändert wurden und verändert ihr Leben, ihre Beziehungen und ihre Arbeit leben.

Uns ist bewusst, dass wir das nicht machen können. Aber wir können dafür beten, Strukturen legen und Angebote schaffen, durch die gesunde Kirchen entstehen oder kranke Kirchen wieder gesund werden. Dafür braucht es gesunde Leiterschaft, die ihre Identität fest im Evangelium verwurzelt hat. Dafür bieten wir Learning-Communities und Training an sowie Gospel-Coaching und Ermutigung durch Treffen und Austausch.

Ich leite lieber eine Gemeinde im Krieg, als Krieg in der Gemeinde zu haben.

Wir sind ein Beziehungsnetzwerk und teilen nicht nur Erfolgsgeschichten, sondern erinnern uns daran, dass die Kraft des Evangeliums besonders in der Schwachheit sichtbar wird.

Das sieht in London anders aus als in Hamburg, Istanbul, Athen oder Tirana, aber nirgends ist die Dichte an Ebenbildern Gottes größer als in den Ballungszentren und es braucht Leitende, die dort das Evangelium leben: kraftvoll, authentisch, ehrlich, liebevoll, kontextualisiert. So, wie Jesus es in Perfektion vorgemacht hat. Er hat unser Nicht-perfekt-sein schon mehr als ausgeglichen. Das Wissen von seinem Leben und Sterben gibt uns Freiheit und Mut.

Einer unserer Leiter in Kiew wurde kürzlich gefragt, ob die Kriegssituation in der Ukraine das Schwierigste ist, was er bisher in seinem Dienst erlebt hat. Seine Antwort hat mich tief beeindruckt und nachhaltig geprägt: „Nein, ist es nicht. Ich leite lieber eine Gemeinde im Krieg, als Krieg in der Gemeinde zu haben.“

Steffen Weil startet Anfang 2024 als Bereichsleiter Europa.

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2023 – Januar 2024) erschienen.