Kolonialismus im Kopf

Kolonialismus im Kopf

Thomas Maurer wird in Tansania mit Vorurteilen konfrontiert, die auf den Erfahrungen des Kolonialismus basieren. Seit 1995 ist er als Missionar in Tansania tätig und kennt die Herausforderungen, die diese Geschichte mit sich bringt.

„Die Missionare wollen doch nur wieder die Macht übernehmen!“, so einer meiner Kollegen am College. Er spielte darauf an, dass die Missionare während des Zweiten Weltkriegs die Leitung der Kirche an Tansanier abgegeben hatten, da sie befürchteten, das Land verlassen zu müssen. Als der Krieg vorbei und die Missionare zurück waren, hätten sie die Leitung wieder fest in „weiße Hände“ nehmen wollen.

Inzwischen hatte der Gedanke der Selbstständigkeit in den afrikanischen Ländern Wurzeln geschlagen und auch in den Kirchen die Erkenntnis reifen lassen, dass Afrikaner selbst leiten können. Überall setzte man einheimische Leiter ein, die nun alles besser machen sollten. Kam ein Einwand von einem weißen Gesicht, konnte dieser leicht abgetan werden mit dem Hinweis, dass die Weißen nur wieder die Macht übernehmen wollten. So weit die Geschichte.

Wir hatten das Jahr 2000 hinter uns gelassen, als mein Kollege diesen Satz auf mich und auf meinesgleichen bezog. Nun, ich war nicht nach Tansania gekommen, um die Geschichte um 50 Jahre zurückzudrehen. Ich fühlte mich auch nicht als „Neokolonialist“. Und war das nicht der Kollege, der bei wichtigen Entscheidungen nichts entscheiden wollte, wenn er nicht von „oben“ dazu aufgefordert wurde?

Und wenn von „oben“ niemand die Aufforderung gab, auch keine Entscheidung zustande kam, ja sogar Entscheidungen verhindert wurden? Lieber Stillstand. Auch über Jahre hinweg.

Schwierig für einen deutschen Kopf: Lieber vorwärtsgehen als stehen bleiben. Lieber unterwegs korrigiert werden, als ewig abwarten.

Es wäre so schön: Deutsche und Tansanier, die gemeinsam ihre Köpfe hinhalten und vorwärtsgehen, begleitet von den einheimischen Leitern. Nicht um die afrikanische Kultur hochzuhalten. Nicht um deutsche Wege zu finden. Sondern gemeinsam den Weg unseres Herrn für seine Kirche zu suchen (und hoffentlich zu finden)! Sein Reich komme!

Sylvia und Thomas Maurer sind Missionare in Nanjoka, Tansania

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Februar – April 2024) erschienen.