Naramatisho: Schmucke Perspektiven für Maasai-Frauen

Naramatisho: Schmucke Perspektiven für Maasai-Frauen

Angela Schramm staunt, wie handgefertigter Perlenschmuck tansanischen Maasai-Frauen Perspektive und Zusammenhalt gibt. Und was Frau bei der Handarbeit über Gott lernen kann.

Naramatisho ist ein Maasaiwort, das übersetzt so viel bedeutet wie „die Hüterinnen“ oder „diejenigen, die schützen und pflegen“ – was treffend die Rolle der Maasaifrauen in ihrer Gesellschaft beschreibt. Seit langem können die Maasai in Tansania nicht mehr nur von der Viehhaltung leben. Um ihren Kindern Schulbildung und damit auf Dauer das Überleben zu ermöglichen, benutzen diese Frauen das einzige Wissen, das sie seit Generationen hüten und pflegen: ihr traditioneller Perlenschmuck.

In Seminaren lernen sie, wie man Preise kalkuliert, welche Farbkombinationen gut ankommen, wie Qualitätskontrolle funktioniert und sie entwickeln gemeinsam neue Ideen. Sie lernen, dass ihre Kreativität wertgeschätzt und durch faire Preise gewürdigt wird. Sie lernen, dass sie als Gruppe weiter kommen, als wenn jede ihre Fertigkeiten geheim hält, um so den eigenen Marktanteil zu sichern. Sie beten beim Arbeiten und gemeinsam für einen guten Verkauf. Wir haben dabei oft erlebt, wie Gott uns mit Kontakten und Aufträgen überrascht, die wir uns nicht hätten träumen lassen.

Etliche der Frauen sind Witwen, was ihnen in der traditionellen Maasai-Kultur einen der untersten Plätze in der Gesellschaft beschert. Ohne Mann ist Frau im Maasailand schutz- und rechtlos. So wird der Besitz oder das Vieh von verwitweten Frauen oftmals unter den Männern des Clans aufgeteilt. Wenn dann bei den alten Frauen auch kein Vater oder erwachsener Sohn da ist, der sie schützt, bleibt nicht viel zum Leben. Die Naramatisho-Frauen haben etliche verwitwete Kokos (deutsch: Großmütter) in ihrem Leitungsteam, was eine enorme Aufwertung bedeutet.

Wanawake wanaweza – Frauen sind fähig.
Mungu anaweza – Gott kann.

Wir beginnen unsere Seminare mit Gebet und unterbrechen immer wieder mit Gesang. Viele kleine Beispiele aus dem Alltag der Frauen helfen, Lerninhalte zu vermitteln. Welche Farben gut harmonieren, hat uns so zum Thema Ehe geführt. Oder dass eine einfache Kette von einer Frau sich gut kombinieren lässt mit einem Ornament einer anderen Frau – schon hatten wir ein neues Produkt. Zwei kleine Dinge ergeben zusammen ein Großes. Eines meiner Lieblingsbeispiele sind die Sterne, die das Projekt erfolgreich gemacht haben. Hergestellt aus Wassercontainern, die zweimal recycelt sind: als ehemalige Ölkanister kommen sie gereinigt auf den Markt, wo sie als Wasserbehälter sehr gefragt sind. Wenn dann so ein Kanister nach vielen Kilometern Wasserholens brüchig wird und leckt, hat er noch immer nicht ausgedient, dann wird das Plastik zerschnitten und als Basis für die Maasai-Sterne benutzt. Mich hat das berührt, weil es ein tolles Symbol dafür ist, dass auch Dinge, die für andere Wegwerfware sind, in der liebevollen Hand des Künstlers zu etwas Neuem und Wunderschönem verwandelt werden können.

Gott ist der Künstler, der unser Leben anschaut und darin Chancen, Potenzial und Schönheit sieht, wo wir nur Zerbrochenes und Wertloses sehen. Seine Liebe verwandelt uns.

Wir haben vor einem Jahr ein großes Wunder erlebt, als eine Hotelinhaberin uns einen Laden in ihrer Lodge anbot – kostenlos. Dadurch haben die Frauen das ganze Jahr über gut verkauft. Wir wagen zu träumen: von einem kleinen Haus, das als Seminarraum und Lager in ihrem Dorf dient. Von einem Dach, das Regenwasser auffängt und so beim Anlegen eines Gartens helfen kann. Von jungen Maasai-Frauen, die das Projekt langfristig selbst managen können. Eine Tochter beginnt jetzt einen dreijährigen Kurs in „Entrepreneurship“ (Unternehmertum) . Der Großteil ihres Schulgeldes kam durch den Verkauf des Maasai-Schmucks ihrer Mutter zusammen.

Das Prinzip der Zusammenarbeit weitet sich aus. Wir arbeiten mit fünf anderen Frauengruppen zusammen, um auf Märkten die Standgebühr zu teilen oder gemeinsam neue Produkte auf den Markt zu bringen. Name diese Forums: „Wanawake wanaweza“, zu Deutsch: Frauen sind fähig. „Mungu anaweza!“ – Gott kann (das tun). Wanawake wanaweza – Frauen sind fähig. Mungu anaweza – Gott kann.

Angela und Stephan Schramm waren 26 Jahre Missionare in Tansania

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (August – Oktober 2018) erschienen.