Speisung der 5000 im kenianischen Slum

Speisung der 5000 im kenianischen Slum

Steffi und Daniel Kroppach begleiten in Nairobi Menschen im Kiamaiko-Slum durch die Corona-Krise. Wo Menschen unter Gewalt, Armut und Krankheit leiden, entsteht neuer Zusammenhalt und neue Hoffnung.

Eastleigh ist ein Stadtteil der kenianischen Millionenstadt Nairobi, der bei allen Reisewarnungen als „extrem gefährlich“ eingestuft wird. Ein Großteil der Bewohner sind illegale Einwanderer aus Somalia, Äthiopien und Nordkenia, meist muslimischer Abstammung. Die meisten Kenianer würde es niemals dorthin verschlagen – höchstens, um Ziegenfleisch zu kaufen. Doch wir arbeiten dort im Slum Kiamaiko. Hier befindet sich auch die Ark School.

Läuft man durch die Gassen, wird schnell ersichtlich, warum das Gebiet gemieden wird: Enge matschige Wege, die Fäkalien fließen offen zwischen den Häusern entlang und viele Menschen lungern herum. Aber: Man grüßt rechts und links, hält Smalltalk und wird zu einem äthiopischen Kaffee eingeladen. Die Menschen sind freundlich und lächeln einem zu. Es kommt der unvermeidliche Ruf „Mzungu“ (deutsch: Weißer), aber den hört man auch sonst überall.

Für die Bewohner von Kiamaiko ist es Zuhause, wo man lacht und redet, zusammensitzt und sich zuhört.

Für uns ist es normal, dort zu sein. Hier leben die Menschen, mit denen wir arbeiten und die unsere Freunde sind. Wir denken gar nicht mehr daran, dass es ein Gebiet ist, das man meiden sollte. Erst wenn wir Besucher mitnehmen, fällt uns neu auf, wie außergewöhnlich dieser Ort ist. Ich erinnere mich, wie geschockt ich bei meinem ersten Besuch vor etlichen Jahren war. „So kann man doch nicht leben!“, dachte ich. Und doch: Für die Bewohner von Kiamaiko und ihre Kinder ist es Zuhause, wo man lacht und redet, zusammensitzt und sich zuhört.

Aber es passiert auch viel Schlimmes dort. Ein Leben zählt wenig und als Corona kam, wurde für viele die Lage noch schlechter. Selbst das kleine Einkommen brach für viele weg. So ist die Armut noch größer geworden und die Kriminalität angestiegen. Genauso wächst aber auch der Zusammenhalt der Menschen, da sie gemeinsam in Not sind.

Abenteuer? Grenzerfahrung? Wenn man sich hier mit den Menschen auf den Weg macht, begegnet man dem einen oder anderen. Uns liebgewordene Menschen stoßen an ihre Grenzen und wir gemeinsam mit ihnen. Die Covid-Krise ist sicher eine der herausforderndsten. Wir erleben mit, wie Familien, die wir von der Schule kennen, aus ihren Blechhütten ausziehen müssen, weil sie die 30 Euro Miete nicht zahlen können. Mütter laufen fort, weil sie es nicht mehr aushalten, ihre Kinder zu enttäuschen und hungrig ins Bett zu schicken. Andere werden inhaftiert, weil sie abends nach der Ausgangssperre noch verzweifelt einen Arzt suchten.

Doch Gott ist treu. Wie bei der Speisung der 5000 im neuen Testament (Markus 6,33–44), hörte der Geldsegen nicht auf, und immer wieder im richtigen Moment konnten weitere 500 Familien für eine Woche mit Essen versorgt werden. „Gebt ihr ihnen zu Essen“, wies Jesus seine Jünger an (Markus 6,37). Er hat sich um den ganzen Menschen gekümmert und alles im Blick gehabt.

Diesem Beispiel sind wir mutig gefolgt. Aus Grenzerfahrungen wurden offene Türen. Muslime kommen zum Glauben und fragen nach Jesus. Familien schöpfen Mut – manche von ihnen wurden vielleicht zum ersten Mal nicht im Stich gelassen. Unsere Ark School hat sich in ein Gemeinschaftszentrum verwandelt. Ein weiteres Grundstück konnte erworben werden, was der Schule ermöglicht, noch ganzheitlicher in das Leben der Menschen hineinzuwirken. Mehr Raum, um uns um die Menschen zu kümmern, die uns so am Herzen liegen. Es ergeben sich neue, aufregende, unverhoffte Möglichkeiten und aus den Grenzerfahrungen entstehen neue Abenteuer.

Steffi und Daniel Kroppach sind Missionare in Nairobi, Kenia

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (August – Oktober 2021) erschienen.