You gave me wings

You gave me wings

Der Lockdown in Kenia kommt und Evans kann seine Gemeinde nicht mehr besuchen. Was nun? Steffi und Daniel Kroppach begleiteten ihn in den letzten Monaten und erlebten, wie eine Gemeinde im Kayole-Matopeni-Slum in Kenia entsteht.

Corona kam in Kenia mit einem strikten Lockdown. Für viele Monate waren Kirchen geschlossen, die Menschen durften nur für das Nötigste das Haus verlassen und es gab eine nächtliche Ausgangssperre. Anfang März waren wir noch in Kibera, besuchten die kleine Gemeinde dort zum Sonntagsgottesdienst und ermutigten sie in der Predigt, auf festem Grund zu bauen und evangelistisch zu leben.

Evans, einer der Pastoren dort, lebt selbst in einem Slum auf der anderen Seite der Stadt, da er auch als Lehrer an der Ark School arbeitet. Mit dem Lockdown war es ihm unmöglich, seine Gemeinde und seine Mitglieder zu besuchen. Er durfte den Kayole-Matopeni-Slum nicht verlassen. In Gesprächen am Telefon ermutigte ich ihn, in seinem Slum mit einem kleinen Hauskreis zu beginnen und eine Chance darin zu sehen, dass es gerade nicht möglich ist, sich in großen Gruppen in Kirchen zu treffen. Angefangen hat er im Dezember mit einer weiteren Familie – auf der Dachterrasse, so dass die Nachbarn es sehen konnten! In der Woche darauf waren sie schon fast 20 Personen, so dass Evans sich Stühle bei den Nachbarn leihen musste. In wenigen Wochen wurde aus dem kleinen Hauskreis eine kleine Gemeinde und der Wegfall der Coronabeschränkungen ermöglichte es, sich sonntags offiziell zu treffen.

Was sie vereint hat, war der Wunsch, in ihrer Nachbarschaft die Menschen zu erreichen und ihnen zu helfen. Die Wenigen, die sich zu Anfang trafen, haben direkt angefangen, den weniger Privilegierten zu helfen. Evans hatte durch die Essensverteilung an der Ark School gesehen, wie viel Segen durch solche Hilfe kommen kann. So haben sie selbst das Wenige, was sie hatten, mit Menschen geteilt, die noch weniger hatten. Evans bat um Hilfe, da sie sehr schnell gesehen haben, dass die Not groß ist. Dank des Corona-Fonds waren wir in der Lage, sie zuerst mit 40 Essenstüten und später mit 80 zu unterstützen.

Wir haben seit Beginn der Verteilungen im Umfeld der Ark School viele offene Herzen gesehen und etliche Muslime, die angefangen haben zu hinterfragen, warum die Christen ihnen helfen und nicht ihre eigenen Glaubensgeschwister. Uns war es wichtig, das Essen nicht direkt an Evangelisierungen zu knüpfen, sondern die Tat sprechen zu lassen. So sind nach Wochen viele mit der Frage gekommen: „Warum helft ihr uns?“ Die Antwort auf diese Frage spricht lauter als jede Predigt, die man hätte halten können. Die Erfahrungen, die Evans in Kayole machte, waren sehr ähnlich. Die Menschen stellten Fragen und die Antworten auf diese Fragen haben viele Herzen für Jesus geöffnet. In nur fünf Monaten ist die Zahl der Gemeindebesucher auf fast 70 Menschen angestiegen. Ein guter Teil davon ist neu im Glauben.

Als nächsten Schritt hat die Gemeinde ein kleines Haus gemietet, um genug Platz zu haben. Dieses Haus haben sie direkt auch wieder genutzt, um anderen zu helfen, und so ist eine Frau dort eingezogen, die in Armutsprostitution gefangen war. Sie hat drei Kinder, eines davon mit Albinismus. Dank der Hilfe der kleinen Gemeinde konnte die Mutter die Prostitution hinter sich lassen.

Nach jetzt noch nicht einmal einem Jahr ist die Gemeinde auf über 100 Personen gewachsen. Da der Platz nicht reicht, haben sie bereits zwei Gottesdienste. Das angemietete Haus ist zu klein und sie suchen nach einem größeren Grundstück. Die Gemeinde hat angefangen, eine Struktur aufzubauen. Zwei der vier Ältesten, die berufen wurden, sind erst durch die Gemeinde zum Glauben gekommen und übernehmen jetzt schon Verantwortung. Die Liebe, die sie anderen zeigen, hat in einer schweren Zeit lauter gesprochen als Worte.

Evans war bereit, sich gebrauchen zu lassen, und benötigte nur etwas Ermutigung, Schritte zu wagen. Er sagt selbst immer wieder zu mir: „You gave me wings to fly“, „Du hast mir Flügel gegeben!“

Steffi und Daniel Kroppach sind Missionare in Nairobi, Kenia

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2021 – Januar 2022) erschienen.