Wie deutsche Gemeinden brasilianische Kinder stärken

Wie deutsche Gemeinden brasilianische Kinder stärken

Ingrid und Danilo Pauck sind alltäglich umgeben von Drogenkriminalität, Sucht und Prostitution. Doch mitten in dieser Hoffnungslosigkeit erleben sie, wie in Escada aus einem Straßenkinderprojekt eine Gemeinde entstand und diese Kinder und ihre Familien stärkt.

„Durch ein Kind wird aus Alltag ein Abenteuer, aus Sand eine Burg, aus Farbe ein Bild, aus einer Pfütze ein Ozean, aus Plänen Übernachtungen und aus Gewohnheit… Leben!“ Wie oft unterschätzen oder missachten wir die Bedeutung der Kinder auf dieser Welt und werten das Arbeiten an Erwachsenen oder Leitern auf, weil unsere Zeit und Energie dafür zu schade erscheinen, sie in „Spielereien“ zu investieren.

Immer wieder erinnern unsere eigenen Kinder uns daran, dass es unsere Verantwortung ist, ja eine Lebensaufgabe voller Privilegien, die das Leben bereichert und die Lebensqualität fördert. Immer wieder stellen wir an unseren Kindern fest, wie schnell sie groß werden, so dass es uns manchmal so vorkommt, als würde uns die Zeit davonlaufen.

Vor sechs Jahren bin ich mit meiner Frau Ingrid und unseren drei Jungs Josiah, Samuel und Joshua in das Land zurückgekehrt, in dem ich selbst als Missionarskind aufgewachsen bin: Brasilien. Ein Land, in dem so viel Armut und Reichtum, so viel Freude und Traurigkeit, so viele gute wie auch schlechte Werte Nachbarn sind. Ein eigentlich reiches Land – vor allem reich an Kindern.

Kinder, die sich nicht einmal ihre eigenen Schuhe zubinden müssen, da ihr Kindermädchen das macht und Kinder, die sich ihre Schuhe nicht zubinden müssen, weil sie keine haben.

So ist nicht ohne Grund die Arbeit Levante der Allianz-Mission hier vor 24 Jahren entstanden, um gerade Kinder zu stärken. Ein Kinderheim gab ihnen ein Zuhause, das sie vorher nicht kannten. Heute dürfen auf dem Landgut keine Kinder mehr aufgenommen werden und der Fokus liegt nun mehr auf der präventiven Arbeit mit den Kindern. Die jahrelange Investition der Allianz-Mission durch Gemeinden und Kinder in Deutschland machte und macht immer noch den Unterschied im Leben vieler Menschen. Und trotzdem erscheint die Arbeit oft wie ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Beispiel Escada: Kinder stärken in einem Umfeld, in dem Drogenbanden die Schwachheit der Kinder ausnutzen. Ein sozial schwaches Kind deutet auf eine sozial schwache Familie hin. So ist es auch unser Anliegen, gemeinsam mit der Gemeinde zu schauen, wie wir die Familien, die Eltern stärken können. Eltern, die selbst im Kreislauf von Drogen und Alkohol stecken und andere, die hilflos versuchen, ihre Kinder davor zu bewahren. Arbeitslosigkeit und mangelnde Bildung führen viele in die Verzweiflung, was ein fruchtbarer Boden für all das bietet, was in zerstörerische Abhängigkeit führt: Drogen, Alkohol und Prostitution. Konflikte werden oft einfach dadurch gelöst, dass der Andere aus dem Weg geräumt wird.

Mitten drin die Freie evangelische Gemeinde (FeG) Escada, die vor vielen Jahren durch die Arbeit von Levante entstanden ist. Antonio war damals Hausmeister und Mitarbeiter von Levante auf dem Landgut und ist gemeinsam mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen dem Ruf gefolgt, nach Escada zu ziehen. Dort ist er nun Pastor und Leiter von Levante. Gegenüber seiner Lebensrealität und Erfahrungen in diesem Umfeld fühle ich mich oft ganz klein, merke aber immer wieder, wie wichtig unser Dasein dort ist. Es zeigt ihnen, dass sie nicht allein in diesen Herausforderungen stehen. Der Einsatz vieler deutscher Gemeinden und Freiwilliger in den vergangenen Jahren ist dort sehr bewegend und eindrücklich. Gottes Idee, gemeinsam den Unterschied zu machen, findet hier ihren Beweis.

Biblische und allgemeine Bildung ist ein Teil, ganz praktische Hilfe der andere. Dank vieler Spenden, Missionseinsätze von Freiwilligen und ihrem eigenen Einsatz kann die FeG Escada gemeinsam mit Levante den Unterschied machen und Eltern stärken, damit sie selbst daran beteiligt sind, ihre Kinder zu stärken. Das ist meistens ein langer Prozess, in dem die Eltern selbst aus ihrem zerstörerischen Kreislauf raus müssen. Je früher die Kinder Teil von Levante und der FeG werden, desto größer die Chance, dass sie nicht in diesen Kreislauf geraten.

Nicht nur zu hören, dass sie wertvoll sind, dass sie geliebt sind, sondern das auch zu spüren: das stärkt. Wenn Gemeindeleiter und Mitglieder sich Zeit zum Spielen, Zuhören und Unterrichten nehmen: das stärkt. Wenn die Eltern sehen, welch einen Spaß andere mit ihren Kindern haben und in sie investieren, weckt es das Verlangen, das auch zu tun: das stärkt. Wenn sie alle sehen, dass Gott diese Aufgabe sogar Menschen auf einem anderen Kontinent aufs Herz legt, zeigt es die Nähe und Liebe Gottes: das stärkt. Die Konsequenz ist großartig, denn oft machen Kinder nicht das, was wir sagen, sondern das, was wir tun.

Oft fragen sich hier die Menschen, welche Hoffnung sie überhaupt in dieser Stadt oder in diesem Land noch haben. Wir dürfen erleben, wie diese Hoffnungslosigkeit sich wenden kann: allein dadurch, dass Kinder und ihre Familien gestärkt werden. Starke Kinder hoffen und fangen an zu Leben.

Ingrid und Danilo Pauck sind Missionare in Recife, Brasilien

Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (Februar-April 2020) erschienen.