26 Jahre als Missionare in Brasilien. 20 Jahre Gründung und Leitung des Straßenkinderprojektes LEVANTE und Gemeindegründung. Wie kommt man dann wieder in Deutschland an – noch dazu in einer kleinen, gealterten Gemeinde?
Nach ihrer Rückkehr aus Brasilien startete Familie Pascher in der Gemeindearbeit der Freien evangelischen Gemeinde Duisburg-Rheinhausen. Wie es dazu kam, haben sie in der letzten Ausgabe der move berichtet. Nachlesen?
Brückenschlag
Als wir zu Gesprächen mit der Gemeindeleitung den Rhein überquerten, schlugen Sonjas und mein Herz beim Anblick der rauchenden Schornsteine und dem Hören des oft rustikalen, aber herzlichen Tonfalls der Menschen hier höher. Haben wir doch beide unsere Wurzeln hier. Wobei nun, im Gespräch mit der Gemeindeleitung, das „Herzliche“ weit überwog.
Herausforderungen
Dennoch: Die Gemeinde hatte vor ein paar Jahren ihre ganze junge Generation und selbst das mittlere Alter an andere Gemeinden verloren. Dementsprechend groß war die Verunsicherung. Und nun sollte sich eine Senioren-Gemeinde auf das Abenteuer einer internationalen Arbeiteinlassen? Noch dazu mit einem Missionar, zu dessen Erfahrungen kaum Umgang mit älteren Menschen gehört? Es waren so manche Hürden miteinander zu überspringen, bis schließlich auf beiden Seiten ein sehr bewusstes Jawort stand.
Geschlossene und offene Türen
Wie beginnt man nun eine Arbeit mit geflüchteten Menschen? Es gab zwar eine frisch errichtete Unterkunft voller Migranten aus aller Welt in unserem Stadtteil, aber der Zugang war von Seiten der Stadtverwaltung und Hilfsorganisationen strikt vernagelt. Über eine engagierte pensionierte Musiklehrerin bekamen wir schließlich einen ersten Kontakt mit einigen Flüchtlingskindern, mit denen die ein Musical einübte – und deren Familien.
Gewagte Anfrage
Ende des Jahres trat dann eine Bekannte mit der Bitte an uns heran, ob wir einer jesidischen Religionsgemeinschaft (eine religiöse Minderheit aus Irak, Syrien und der Türkei) unsere Gemeinderäume für ein Fest zur Verfügung stellen könnten. Ein zunächst sehr fremder Gedanke für uns und unsere Gemeindeleitung, aber wir stimmten mutig zu und wurden nicht enttäuscht: Das Fest war ein fröhliches Volksfest, ganz ohne religiösen Charakter. Es war sogar Platz für eine kleine christliche Weihnachtsbotschaft. Und seitdem haben wir zu diesen Menschen – besonders zu den leitenden Scheichs – ein freundschaftliches Verhältnis. Es entstand so ein Teenkreis und erste Kontakte zu einigen Muslimen. Und zu Weihnachten, Ostern und einer Kunstausstellung zum Thema Flucht füllten viele Gäste unser Gemeindehaus, die noch nie hier waren.
Kein Grund zur Euphorie!
Nein, die Anzahl der Gottesdienstbesucher hat sich noch nicht merklich verändert. Und: Nein, in unseren 1 ½ Jahren in Rheinhausen hat noch keiner der von uns betreuten Menschen wirklich verstanden und angenommen, dass Christus ihm Vergebung und ein völlig neues Leben schenken will. Dieser Part unserer Arbeit braucht langen Atem – und wir vertrauen darauf, dass Gott uns den richtigen Moment für jeden Einzelnen zeigt. Vieles lässt sich kaum planen und überschauen; wir leben von Gottes Hand in unseren Mund.
Gemeinde-Vielfalt
Dazu gehört es auch, dass unser Gemeindehaus sich zunehmend öffnet für andere christliche Gruppen: Eine Sinti-Gemeinde feiert seit Jahresbeginn ihre fast brasilianisch-lebhaften Gottesdienste am Sonntagnachmittag hier und auch eine afrikanische Gemeinde nimmt gerade ihre Arbeit auf. Ein erster gemeinsamer Gottesdienst mit den Sinti-Freunden kam – trotz aller Unterschiede – bei unserer Gemeinde überraschend gut an: Wir freuen uns über das Verbindende, das uns im Glauben eint, und bemühen uns, Zweitrangiges nicht zu groß werden zu lassen. Und wir lernen zunehmend, wie bereichernd die Vielfalt sein kann. „FeG“ (Freie evangelische Gemeinde) wollen wir definieren als: „Farbenfroh. Echt. Gemeinsam.“
Fazit
Brasilien ist nicht vergessen – schön, wenn man in zwei Ländern zu Hause sein darf! Denn auch hier in Deutschland sind wir wieder richtig zu Hause: Wir sind begeistert, wie fröhlich viele unserer älteren Gemeindeglieder mitziehen, sich einbringen und glücklich sind über das was Gott tut.
Sonja und Andre Pascher sind Missionare in Deutschland
Dieser Artikel ist in unserem Magazin move (November 2018 – Januar 2019) erschienen.